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Neu gegründete Stiftung will jungen Erwachsenen mit Krebs helfen

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

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Jedes Jahr erkranken ca. 15 000 Jugendliche und junge Erwachsene an Krebs. Die Heilungschancen sind vielfach gut, doch die Folgen der Erkrankung oft dauerhaft. Eine Stiftung will helfen.

Die "Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs" will die erkrankten 15- bis 39-Jährigen sowohl in der Therapie als auch in der Nachsorge unterstützen.

Nach Angaben von Professor Dr. Mathias Freund, Kuratoriumsmitglied und geschäftsführender DGHO-Vorsitzender, beträgt der Anteil junger Erwachsener bei den Tumorneuerkrankungen nur 3,2 % und die Heilungsrate liegt derzeit bei 80 %. Nach 20 Jahren aber seien etwa 250 000 Menschen zu "Überlebenden nach Krebs geworden – mit all ihren Problemen. Das ist ein Eisbergphänomen", sagte der Rostocker Onkologe.

Beratung über mögliche Maßnahmen nicht optimal

Kritisch sieht er, dass Deutschland hinsichtlich der vollständigen Wiedereingliederung junger Tumorpatienten in das Berufsleben (bei Brustkrebs 59 %) weit hinter der Rate anderer Industriestaaten zurückliegt (über 70 %).

Nicht ein zu geringes Angebot entsprechender Maßnahmen sieht Prof. Freund als Ursache, sondern ein zu geringes Angebot an qualifizierter Beratung, die zu den Maßnahmen führt. So sei z.B. der Sozialdienst in den Krankenhäusern vor allem auf ältere Patienten mit Pflegebedarf ausgerichtet.

"Krebs ist für junge Patienten keine wissenschaftliche Diagnose, sondern eine existenzielle Frage", sagte Professor Dr. Dr. Volker Diehl, der Gründer der Deutschen Hodgkin Studiengruppe (GHSG). Das Leben werde verändert und es sei nie mehr, wie es war.

Als ein zentrales Problem bezeichnete er die Langzeittoxizität intensiver Therapiemaßnahmen. So können etwa kognitive Folgen der Chemo-/Radiotherapie, auch "Chemo-Brain" genannt, die Laufbahn junger Akademiker negativ beeinflussen. Ebenso problematisch seien die Folgen einer zytotoxischen Therapie für die Familienplanung.

Krebskranke befinden sich oft auch sozial in einer Klemme

Ärzte sollten rechtzeitig über alle Nebenwirkungen aufklären, so Prof. Diehl. "Es darf nicht vorkommen, dass über Infertilität nicht informiert wird." Auch sozial befänden sich Krebskranke oft in einer Klemme. So würden ihnen z.B. Kredite wegen der Krankheit abgelehnt.

Ärzte, die nicht regelmäßig mit jungen Krebspatienten zu tun hätten, seien "in der Kommunikation überfordert", meint Prof. Diehl. Es bedürfe deshalb "einer intensiven Schulung von Allgemeinmedizinern durch die Tumorzentren und Fachgesellschaften".

Dr. Karolin Behringer, Leiterin der Arbeitsgruppe Survivorship der GHSG an der Universität Köln, hat die Erfahrung gemacht, dass junge Tumorpatienten einen höheren Informationsbedarf haben, da sie sich in wichtigen Lebensphasen wie Ausbildung, Studium oder Familiengründung befinden.

Junge Tumorpatienten wollen ihre Autonomie erhalten

Sie sind durch das Internet sehr belesen und haben oft den starken Wunsch, die eben erst gewonnene Autonomie im Leben zu erhalten. Dr. Behringer sprach sich ebenfalls dafür aus, dass späte Folgen und Toxizität von Therapien thematisiert werden müssen.

Als Beispiel nannte sie Fatigue, Polyneuropathie, Hormonmangelerscheinungen, Herz- und Lungenschäden und die Beeinträchtigung der Gonadenfunktion. Es sei nötig, eine frühzeitige medizinische, psychologische und soziale Betreuung zum Leben nach der Therapie anzubieten.

Hinsichtlich des Kinderwunsches gab sie zu bedenken, dass es zwar mittlerweile Möglichkeiten gibt, die Fruchtbarkeit zu erhalten, die Krankenkassen aber beispielsweise das Einfrieren von Eizellen nicht bezahlten.

Stipendien, Preise, Bücher, Fortbildung und ein Chatroom

"Wir brauchen Geld, ohne Geld können wir niemanden unterstützen", erklärte Prof. Freund. Er bittet um Spenden. Die Stiftung will damit die medizinische Ausbildung durch die Vergabe von Stipendien und Preisen unterstützen sowie die Fortbildung von Personal und Forschungsprojekte fördern.

Geplant ist der Aufbau eines Spezialistennetzwerks sowie eines Internet-Chatrooms, in dem sich junge Krebspatienten austauschen können. Am universitären Krebszentrum in Köln wird eine Sprechstunde für Langzeitbetroffene eingerichtet.

Zudem ist geplant, die Rechte für zwei US-amerikanische Bücher über Langzeitfolgen bei Krebs zu erwerben, um Buchkopien im Internet frei zur Verfügung stellen zu können.

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