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Pestizidexposition: Geringere Wirkung der Immunchemo beim DLBCL

Autor: Josef Gulden

Nach Pestizidexposition tritt ein Therapieversagen häufiger ein. Nach Pestizidexposition tritt ein Therapieversagen häufiger ein. © iStock/SusanHSmith
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Die Rolle von Pestiziden bei der Krebsentstehung ist ein hochbrisantes Thema. Vor allem in den USA laufen zahlreiche gerichtliche Prozesse. In einer retrospektiven Kohortenstudie finden sich nun Hinweise, dass die Therapiewirksamkeit unter einer exzessiven Exposition leidet.

Die International Agency for Research on Cancer (IARC) der Weltgesundheitsorganisation hat kürzlich drei Pestizide als karzinogen eingestuft. Darüber hinaus sind kumulative Effekte von Fungiziden, Insektiziden und Herbiziden, wie sie in der konventionellen Landwirtschaft in großem Maßstab eingesetzt werden, wahrscheinlich. Allerdings sind diese noch nicht gut charakterisiert. Französische Kollegen fokussierten in ihrer Studie nun darauf, wie sich Pestizide auf die Therapie beim diffus-großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) auswirken. Die Standardbehandlung besteht hier in einer Immunchemotherapie mit einem CD20-Antikörper und einer anthrazyklinhaltigen Chemotherapie. Damit lassen sich hohe Heilungsraten erzielen, jedoch haben primär refraktäre Patienten eine ausgesprochen schlechte Prognose.

Die Hypothese

Dass eine Pestizidexposition die Wirkung der Therapie beeinträchtigen könnte, basiert darauf, dass die Wirkung von Pestiziden sowie Chemotherapeutika auf Genotoxizität und der Erzeugung von reaktiven Sauerstoffradikalen beruht. Wenn Lymphomzellen daher Pestiziden ausgesetzt waren, so die Annahme, könnte das DNA-Reparaturmechanismen und antioxidative Effekte auslösen und so zur Resistenz der Zellen gegenüber der Chemotherapie führen.

Kein Einfluss auf klinische und biologische Charakteristika

Die Hämatologen selektierten 244 Personen aus einer Kohorte mit DLBCL-Patienten, für die ein mindestens zweijähriges Follow-up verfügbar war sowie detaillierte Daten zur Pestizidexposition vorlagen. 67 von ihnen (27,4 %) wiesen eine berufliche Exposition gegenüber Pestiziden auf, die bei 38 speziell durch eine Beschäftigung in der Landwirtschaft bedingt war. Die berufliche Exposition hatte keinen Einfluss auf klinische oder biologische Charakteristika der Erkrankung bei Diagnose, sehr wohl aber auf die Wirksamkeit der Therapie:
  • Ein Therapieversagen* war bei beruflich exponierten Patienten mit 22,4 % doppelt so häufig wie bei den übrigen mit 11,7 % (p = 0,03; OR nach Adjustierung für Störfaktoren 3,0; 95%-KI 1,3–6,9). Bei den in der Landwirtschaft tätigen Patienten war die Versagensrate mit 29,0 % noch höher (OR 5,1).
  • Der Effekt war auch beim ereignisfreien Überleben nach zwei Jahren sichtbar, wo die exponierten Patienten mit 70 vs. 82 % signifikant schlechter abschnitten (adjustierte HR 2,2; 95%-KI 1,3–3,9). Wieder war der Unterschied bei den in der Landwirtschaft Tätigen mit 56 vs. 83 % noch ausgeprägter (HR 3,5; 95%-KI 1,9–6,5).
  • Nicht zuletzt wirkte sich der Einfluss der Pestizide zumindest bei den beruflich in der Landwirtschaft Beschäftigten auch beim Gesamtüberleben aus: Bei ihnen war die Rate nach zwei Jahren mit 81 vs. 92 % deutlich geringer (HR 3,9; 95%-KI 1,5–10,0).
Das, so die Studienautoren, sind die ersten starken Hinweise darauf, dass die berufliche Exposition gegenüber Pestiziden nicht nur die Entstehung von Non-Hodgkin-Lymphomen begünstigt, sondern auch ihre Therapie behindert. Natürlich müssen diese Befunde in weiteren, vor allem prospektiven Studien überprüft und möglicherweise hinsichtlich verschiedener Pestizide differenziert werden, lautet ihre Empfehlung.

* Verfehlen einer Komplettremission unter der Immunchemotherapie oder eine Unterbrechung der Behandlung aufgrund von Toxizitäten

Quelle: Lamure S et al. JAMA Netw Open 2019; 2: e192093