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Remission oder Hoffnung auf Heilung? Erhebliche Therapieverbesserungen durch Lebensstilintervention

Autor: Cornelia Kolbeck

Verzicht auf Medikamente bei Typ-2-Diabetes? Mit Lebensstilinterventionen und bariatrischer Chirurgie ist das vielleicht bald Realität. Verzicht auf Medikamente bei Typ-2-Diabetes? Mit Lebensstilinterventionen und bariatrischer Chirurgie ist das vielleicht bald Realität. © iStock/londoneye
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Heilen lässt sich Diabetes mellitus Typ-2 noch nicht, aber es gibt Hinweise auf mögliche deutliche Verbesserungen in der Therapie.

„Bis vor Kurzem wurde der Typ-2-Diabetes als eine chronisch fortschreitende Erkrankung angesehen, die aufgrund einer zunehmend versagenden Insulinproduktion letztlich lebenslang mit Medikamenten beziehungsweise Insulin behandelt werden muss“, erklärte Professor Dr. Michael Roden, Kongresspräsident des Diabetes Kongresses 2019. Es gebe inzwischen jedoch Hinweise, dass sowohl Lebensstilinterventionen als auch Bariatrische Chirurgie den Verzicht auf Medikamente bei Typ-2-Diabetes ermöglichen könnten.

Remission ist nicht gleichbedeutend mit Heilung

Prof. Roden, zugleich Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und Vorstand des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ), einem Partner im DZD, verwies auf Ergebnisse der britischen DiRECT-Studie mit 298 übergewichtigen Patienten. Wie der Wissenschaftler berichtete, gelang es mittels Formulanahrung und einer stark kalorienreduzierte Kost, dass die Hälfte der Patienten über den Gewichtsverlust ihre Blutglukosewerte normalisieren und auf Medikamente verzichten konnte. „Je mehr sie abnahmen, desto größer war der Behandlungserfolg: Bei Patienten, die mehr als 15 Kilogramm verloren, kam es bei etwa 85 % zu einer Diabetes-Remission.“

Es gebe eine Reihe von neuen Studien zu einfachen Strategien zur Normalisierung es Blutzuckers, sagte der Diabetologe. Im DiRECT-Programm hätten sich zwei Drittel der Teilnehmer auch noch nach zwei Jahren in Remission befunden. Remission sei nicht gleichbedeutend mit Heilung, so Prof. Roden, aber die Studien ließen zumindest auf eine Therapie „nahe der Heilung“ hoffen.

Diskutiert wird hierzu beim Diabetes Kongress u.a. im Symposium „Curing diabetes – dream or reality“. Thematisiert wird dabei auch die Einteilung der Diabetespatienten in neue Subtypen und Cluster, durch die laut Prof. Roden sicher bald eine „maßgeschneiderte Betreuung und Therapie im Sinne der aktuellen Präzisionsmedizin“ möglich wird.

Selbstfürsorge von Frauen mangelhaft

Privatdozentin Dr. Julia Szendrödi, Leiterin des Klinischen Studienzentrums am DDZ, berichtete über Erkenntnisse im Rahmen der Deutschen Diabetes-Studie, die ebenfalls beim Diabetes Kongress Thema sein werden. Die Studie betrachtet die Unterschiede zwischen Frauen und Männern ab ihrer Diabetesdiagnose. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede. So weisen Frauen mit Diabetes in allen Altersgruppen eine höhere Sterblichkeitsrate als männliche Erkrankte auf. Sie haben z.B. im Vergleich zu betroffenen Männern ein um 27 % höheres Risiko für einen Schlaganfall und ein um 44 % höheres Risiko, eine koronare Herzkrankheit zu erleiden.

Als Grund hierfür nannte die Wissenschaftlerin vor allem „frauentypische Verhaltensmuster“. So seien Frauen zwar gut in der Gesundheitsfürsorge, wenn es um die Familie gehe, die Selbstfürsorge sei jedoch mangelhaft. Herzerkrankungen z.B. würden seltener erkannt, Diabetes-Zielwerte nicht erreicht.

Diabetes bei Männern wird früher diagnostiziert

Dr. Szendrödi sprach sich deshalb für ein Screening aus, bei dem bei Frauen auf Risikofaktoren geachtet wird wie Übergewicht, kardiovaskuläre Erkrankungen, erhöhte Lipidwerte, eine früher Herzinfarkt sowie ein Gestationsdiabetes. Sie appellierte hier auch an die Ärzte, genauer hinzusehen, denn bisher würden Männer mit Diabetes oder kardiovaskulären Erkrankungen früher diagnostiziert, häufiger und erfolgreicher medikamentös behandelt werden als Frauen.

Dr. Szendrödi verwies zudem darauf, dass Patientinnen mit Diabetes oft älter sind, über ein geringeres Einkommen und eine geringere Bildung verfügen, häufiger unter Depressionen und Komorbiditäten leiden. Auch gebe es häufig eine größere Einschränkung der körperlichen und kognitiven Fähigkeiten. „Hier zeigt sich ein weiterer Ansatzpunkt, um die Versorgung von Frauen mit Diabetes zu verbessern“, resümierte die Leiterin des Klinischen Studienzentrum am Institut für Klinische Diabetologie am DDZ. 

Quelle: Pressekonferenz der DDG