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Für Prüfmix aus Richtgrößenlimits und Durchschnitten fehlt die Rechtsgrundlage

Gesundheitspolitik Autor: Rainer Kuhlen

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Weder für das Jahr 2009 noch für 2010 wurden in Bayern Richtgrößenvereinbarungen getroffen. Folglich existieren keine wirksamen Richtgrößen. Dennoch verschickt die KV Prüfbescheide zu Arznei- und Heilmittelregressen für das Quartal I/09. Ärzte sollten das nicht unwidersprochen hinnehmen, rät Rainer Kuhlen, Fachanwalt für Medizinrecht aus Vellmar.

In den Prüfbescheiden wird ausgeführt, dass aufgrund der fehlenden Richtgrößenvereinbarung für 2009 eine Prüfung wegen Überschreitung der Richtgrößenvolumina nicht möglich ist. Stattdessen wurde eine „Ersatzrichtgrößenprüfung“ auf der Basis des Prüfgruppendurchschnitts nach den „ansonsten gleichen gesetzlichen Vorgaben durchgeführt“.

Durchschnittliche Kosten für Arznei- und Heilmittel

Das heißt: Die durchschnittlichen Kosten für Arznei- bzw. Heilmittel werden mit den durchschnittlichen Kosten der Vergleichsgruppe in Beziehung gesetzt. Statt jedoch das „offensichtliche Missverhältnis“ bei 40 bis 50 % über dem Gruppenmittelwert anzusetzen, ab dem ein Regress ausgesprochen werden kann, werden in Bayern die „Kürzungsregelungen“ der Richtgrößenprüfung angewendet: Die Prüfungsstelle setzt einen Regress fest, sofern die Überschreitung nach Abzug der Praxisbesonderheiten mehr als 25 % beträgt.

Die KV beruft sich hier auf § 106 Abs. 2 Nr. 2 a.E. SGB V: „Kann eine Richtgrößenprüfung nicht durchgeführt werden, erfolgt die Richtgrößenprüfung auf Grundlage des Fachgruppendurchschnitts mit ansonsten gleichen gesetzlichen Vorgaben.“

 So hat das der Gesetzgeber nicht gesagt

Diese Vorgehensweise ist jedoch nicht durch den Gesetzgeber gedeckt. In der Begründung zum GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz führt dieser nämlich dazu aus: „Richtgrößenprüfungen können nicht durchgeführt werden, wenn die Richtgrößenvereinbarung nicht fristgemäß zustande kommt oder wenn diese wegen sonstiger Mängel unwirksam ist. Für diese Fälle ist es sachgerecht, dass anstelle eines Wegfalles der Prüfmöglichkeit die Richtgrößenprüfungen anhand von Durchschnittswerten mit den ansonsten unverändert geltenden Vorgaben für die Richtgrößenprüfungen durchgeführt werden können.“

Für 2009 ist im Bereich der KV Bayerns aber überhaupt keine Richtgrößenvereinbarung geschlossen worden. Hätte der Gesetzgeber für diesen Fall eine Richtgrößenprüfung mit den ansonsten unverändert geltenden Vorgaben durchführen lassen wollen, hätte er dies explizit so formulieren müssen.

Die klassische Prüfung wäre möglich gewesen

Folglich wurde in Bayern eine rechtswidrige Prüfmethode gewählt, indem die Grundzüge der klassischen Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten mit der klassischen Richtgrößenprüfung rechtswidrig miteinander vermengt wurden. Da weder Richtgrößen bestimmt noch eine Richtgrößenvereinbarung geschlossen wurde, hätte die KV eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten vornehmen müssen.

Diese Prüfmethode sieht § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V nach wie vor ausdrücklich vor.
Zudem ist eine Richtgrößenprüfung grundsätzlich als Jahresprüfung angelegt. Mit dem GKV-WSG wurde zwar die Möglichkeit eröffnet, einzelne Quartale einer Richtgrößenprüfung zu unterziehen, soweit dies die Wirksamkeit der Prüfung erhöht und das Verfahren hierdurch vereinfacht wird (§ 106 Abs. 2 Satz 5, 1. und 2. Halbsatz). Doch diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Warum keine Jahresprüfung?

Eine solche Vorgehensweise wäre nur zulässig, wenn eine Richtgrößenprüfung für nur ein Quartal gegenüber einer Jahresprüfung die Überprüfbarkeit der Wirtschaftlichkeit verbessern würde. Anhaltspunkte hierfür werden von den Prüfgremien nicht behauptet und sind auch nicht erkennbar.

Betroffene Ärzte sollten in jedem Fall Widerspruch gegen die  Prüfbescheide erheben und auf die rechtswidrige Prüfmethode hinweisen.

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