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Jameda: Schnelle Reaktion auf BGH-Urteil

Gesundheitspolitik Autor: Klaus Schmidt

Portalbetreiber hakt Profillöschungs-Urteil schnell ab.
Portalbetreiber hakt Profillöschungs-Urteil schnell ab. © jameda
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Das Arztbewertungsportal Jameda lässt sich durch das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs nicht bremsen. Im Frühjahr soll eine Arztsuche auf den Markt kommen, die auf Empfehlungen von Ärzten basiert.

Auf das Urteil des BGH (Az: VI ZR 30/17) war das Münchner Unternehmen offensichtlich gut vorbereitet. Denn es regierte sofort auf die Entscheidung, wonach das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der klagenden Hautärztin das Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit des Portals überwiegt, weil dieses nicht die neutrale Informationsvermittlung, sondern das eigene Werbeangebot in den Vordergrund gestellt hatte. Jameda sieht nun von den kritisierten Konkurrenzeinblendungen bei nicht zahlenden Ärzten ab. Mediziner, die ein „Premium-Paket“ für 59 Euro und mehr gebucht hatten, blieben in dem Geschäftsmodell von der Nennung konkurrierender Ärzte verschont.

„Wir haben die Anzeigen entfernt,“ versichert Firmensprecherin Anne Schallhammer. „Damit besteht kein weiterer Handlungsbedarf.“ Jetzt warte man die schriftliche Urteilsbegründung ab. Premium-Profile würden nach wie vor angeboten, was aber keinen Einfluss auf die Bewertung der Praxen habe.

Weitere „Qualitätsindikatoren“ für die künftige Arztsuche

Der Portalbetreiber erklärt: Ärzte können sich weiterhin nicht aus seiner Datenbank löschen lassen. Eine unvollständige Liste würde eine Arztsuche ja auch ad absurdum führen. Im Fall der Kölner Hautärztin war die nun durchgesetzte Profillöschung ohnehin obsolet, da „diese nicht mehr auf Jameda gelistet war, nachdem sie ihre Praxis aufgegeben hatte“, schreibt das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Der Klage der Dermatologin auf Löschung ihrer Daten waren kritische Bewertungen von Patienten vorausgegangen.

Die Bundesrichter hätten nochmals bestätigt, dass eine Speicherung der personenbezogenen Daten mit einer Bewertung der Ärzte durch Patienten grundsätzlich zulässig sei, betonen die Plattform und ihr Eigentümer Hubert Burda Media. Sie kündigen an, dass künftig weitere „Qualitätsindikatoren“ in die Arztsuche einfließen werden. „Bislang stellen subjektive Arztempfehlungen die einzige Möglichkeit dar, wie sich Patienten über Ärzte informieren können. Wir glauben jedoch, dass weitere Indikatoren sinnvoll sind und entwickeln aus diesem Grund derzeit eine neue Arztsuche“, äußert sich Jameda-Geschäftsführer Dr. Florian Weiß auf der Burda-Homepage. Die Plattform wurde zuletzt um die Möglichkeiten der Online-Terminbuchung sowie der Video-Sprechstunde durch die Tochterfirma Patientus erweitert.

Wie bei Jameda zu erfahren war, soll in diesem Frühjahr eine erweiterte Arztsuche angeboten werden, die auf Empfehlungen von Kolleginnen und Kollegen, also Ärzten, basiert. Weitere juristische Auseinandersetzungen könnten da in der Luft liegen.

Auf Kritik von Patienten adäquat reagieren

Laut Jameda werden individuell gestaltbare Profile zahlender Kunden auf der Plattform deutlich häufiger aufgerufen als Gratiseinträge. Durch Einblenden von Premium-Profilen auf den Profilen der Nichtzahler konnten Kunden zusätzliche Aufmerksamkeit bei den Nutzern erzielen, so das Geschäftsversprechen. Ein Premiumeintrag erhöhe auch die Auffindbarkeit der Praxis über Google.

Ob und wie sich die neue BGH-Entscheidung auf andere Bewertungsportale auswirkt, bleibt offen. Auf eine entsprechende MT-Anfrage reagierte z.B. Doc­Insider nicht.

Der NAV-Virchow-Bund begrüßt das Urteil: Internetportale und insbesondere Arztbewertungsseiten seien zur Neutralität verpflichtet. „Wenn zahlende Ärzte andere Mediziner, die nicht zahlen wollen, aus der Listung verdrängen, ist das Bewertungsportal weder objektiv noch für Patienten hilfreich“, äußert sich NAV-Chef Dr. Dirk Heinrich in einer Presseinfo.Der Verband rät Ärzten auf berechtigte Patientenkritik zu reagieren und diese als Herausforderung und Verbesserungshinweis zu verstehen. Gegen unwahre Behauptungen oder Schmähkritik sollten sich Ärzte aber immer juristisch wehren.

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