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Pflege-Azubi beschreibt „dramatische Lage“ in Alten- und Krankenpflege

Gesundheitspolitik , Rezensionen Autor: Cornelia Kolbeck

Dass es an Pflegekräften mangelt, bekommen die Bedürftigen im Klinikalltag ständig zu spüren. Dass es an Pflegekräften mangelt, bekommen die Bedürftigen im Klinikalltag ständig zu spüren. © iStock.com/TommL
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13 000 neue Pflegestellen will die Bundesregierung mit dem „Sofortprogramm Pflege“ schaffen. Doch allein 80 000 Kräfte fehlen in den Kliniken. Viele Stellen sind unbesetzt. Die Arbeitsbedingungen schrecken ab. Zum Pflegenotstand hat ein junger Pfleger ein Buch geschrieben.

Der Anteil der Krankenpfleger, die sich bei der Arbeit oft gehetzt fühlen, liegt bei 80 %. In der Altenpflege sind es 69 %. Qualitätsabstriche sehen 49 % der Krankenpfleger (Altenpflege: 42 %). Bis zur Rente so weiterzuarbeiten, können sich von den in der Krankenpflege Tätigen nur 23 % vorstellen (Altenpflege: 20 %). Die Zahlen haben die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft und der Deutsche Gewerkschaftsbund 2018 veröffentlicht. Sie meinen: Die harten Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege erschweren es zunehmend, Interessenten für diese Berufsbilder zu finden und die Fluktuation zu stoppen.

„Es ist höchste Zeit, die Würde der Menschen zu achten!“

Alexander Jorde, der 2017 bei der TV-Sendung „ARD-Wahl­arena“ Kanzlerin Dr. Angela Merkel nachdrücklich Fragen zu Verbesserungen in der Pflege stellte, kennt den Klinikalltag aus eigenem Erleben. „Es ist höchste Zeit, die Würde des Menschen zu achten!“, fordert er in seinem Buch „Kranke Pflege – gemeinsam aus dem Notstand“. Eine Pflegekraft sei im Schnitt für 13 Patienten verantwortlich, schreibt der 22-Jährige, der eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger macht. Damit sei Deutschland trotz 1,7 Mio. Gesundheits- und Krankenpflegern sowie 600 000 Altenpflegern laut internationaler RN4Cast-Studie „Spitzenreiter im negativen Sinne“.

Professor Dr. Karl Lauterbach, Fraktionsvize der SPD, erklärte bei der Buchpräsentation, Jorde beschreibe eine Lage, die sogar noch „dramatischer als dargestellt“ sei. Wolle man z.B. eine Pflegequalität wie in Schweden erreichen, benötige man doppelt so viele Pflegekräfte wie jetzt. Prof. Lauterbach lobte den Autor als „junge frische Stimme“. Er beschreibe u.a eine hochkomplexe pflegerische Arbeit im Klinikbereich und er räume mit den Klischees auf, eine Pflegekraft sei schwach, bemitleidenswert und ein Opfer.

Es gebe zwei Geburtsfehler in der Pflege, so der Politiker. Zum einen die Fallpauschalen, die Leistungen in Richtung Arzt verschoben hätten. Allein im Krankenhaus seien deshalb bis zu 60 000 Pflegestellen abgebaut worden. Zweites Manko sei die Teilkasko-Finanzierung. Ein hoher Eigenanteil ist inzwischen von den Pflegebedürftigen selbst beizusteuern. Weil sich das aber immer weniger leisten könnten, gingen mehr billige Einrichtungen ans Netz, die ihre Mitarbeiter schlecht bezahlten.

Von einem Personalmangel geht Prof. Lauterbach nicht aus. Er verwies auf eine Verweildauer von siebeneinhalb Jahren in der Kranken- und acht Jahren in der Altenpflege. Man könne es durch Anreize schaffen, Leute aus der „stillen Reserve“ zurückzuholen. Die Frage sei, wie die Politik intervenieren könne.

Medical-Tribune-Bericht

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