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Weniger Existenzsorgen in den Praxen

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

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Bei der Einschätzung ihrer wirtschaftlichen Lage neigen niedergelassene Ärzte nicht zur Euphorie. Allerdings hat sich die Stimmung in den letzten Jahren offenbar tendenziell aufgehellt.

Die Brendan-Schmittmann-Stiftung des NAV-Virchowbundes fasst in einer aktuellen Auswertung die Ergebnisse ihrer Befragungen von Vertragsärzten aus den Jahren 1996, 2002, 2004, 2007 und 2010 zusammen. In dieser Längsschnittbetrachtung fällt auf:

  • Der Anteil der Ärzte, die rückblickend fest der Meinung sind, dass „viele Vertragsärzte in den letzten fünf bis sieben Jahren gravierende wirtschaftliche Probleme bekommen haben“, betrug 2010 rund 33 %. Das ist kein Pappenstil. Allerdings sahen 2007 noch 40 % und 2002 gar 51 % schwarz.
  • Ähnlich verläuft die Einschätzung zu „Viele Vertragsärzte werden in nächster Zukunft gravierende wirtschaftliche Probleme bekommen“: Der Anteil der überzeugten Pessimisten hat kontinuierlich abgenommen, von 59 % (1996) auf 38 % (2010).
  • Auch die Aussage „Die wirtschaftliche Zukunft für die Vertragsärzteschaft ist insgesamt sehr beängstigend“ trafen im vergangenen Jahr nur noch 37 %, 1996 waren das noch 64 % gewesen.


Die eigene Situation wird allerdings deutlich pessimistischer eingeschätzt. So ist von den befragten Vertragsärzten nur eine Minderheit der Meinung „Meine Praxis wird in absehbarer Zukunft keine wirtschaftlichen Probleme bekommen“ (2010: 19 %; 2002: 23 %; 1996: 15 %). Die Belastung durch „die eigenen finanziellen Verpflichtungen“ ist für rund zwei Drittel spürbar (2010: 59 %; 2004: 65 %; 1996: 69 %).


Die Kassen werden daraus schließen, dass die Zuwächse der Honorarsummen in den letzten Jahren wohl doch bei etlichen Ärzten angekommen sind. Für die Behauptung, dass der Ärztemangel auch eine Folge zu geringer ärztlicher Arbeitszeit sei, finden sie in der Stiftungsstudie allerdings keine Untermauerung.


Etwa zwei Drittel der Vertragsärzte arbeiten derzeit werktäglich zehn Stunden und mehr. Der aktuelle Durchschnittswert von 10,6 Stunden entspricht dem Niveau der anderen Umfragejahre. Dabei halten die Mediziner einen Arbeitstag von 8,2 Stunden für erstrebenswert.

Für jeden Patienten hat der Arzt 8 bis 9 Minuten

Auch die Zahl der täglich zu behandelnden Patienten variierte in den letzten 15 Jahren nur geringfügig (Maximum: 56 Patienten 2007, Minimum: 49 Patienten 2004). Mehr als 22 % der 2010 befragten Vertragsärzte gaben an, täglich über 60 Patienten zu behandeln.

Rechnerisch widmen sich die Vertragsärzte zwischen 12 und 14 Minuten dem einzelnen Patienten. Die von der Stiftung erhobenen Daten ergeben aber, dass die Arbeit am Patienten nur rund 65 % der ärztlichen Arbeitszeit ausmacht. 12 % werden für Arztbriefe und Gutachten aufgewendet, 8 bis 9 % für Fort- und Weiterbildung, 7 bis 8 % für die Abrechnung und 6 bis 7 % für die Anleitung des Praxisteams. „Unter Berücksichtigung dieser Struktur der vertragsärztlichen Arbeitszeit reduziert sich der Anteil, den der Vertragsarzt für den einzelnen Patienten zur Verfügung hat, auf real 8 bis 9 Minuten“, heißt es in der Studie.


Ein weiteres interessantes Detail der Untersuchung: Lediglich ein Fünftel der befragten Ärzte hält die KVen heute noch für unverzichtbar. Über ein Drittel ist der Meinung, dass die Selbstverwaltungsorgane vollkommen überflüssig sind.

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