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Neue Ziffern stärken Palliativversorgung – Hausarzt muss lernen und kooperieren

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Die Leistungen der neuen Ziffern unterschieden sich teils nur geringfügig von den alten. Es bedarf jedoch eines Antrags auf Genehmigung zur Berechnung dieser. (rechts: Dr. Gerd W. Zimmermann, Facharzt für Allgemeinmedizin, Hofheim)
Die Leistungen der neuen Ziffern unterschieden sich teils nur geringfügig von den alten. Es bedarf jedoch eines Antrags auf Genehmigung zur Berechnung dieser. (rechts: Dr. Gerd W. Zimmermann, Facharzt für Allgemeinmedizin, Hofheim) © fotolia/Photographee.eu
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Ab dem vierten Quartal gelten neue Honorarziffern für die Palliativversorgung. Acht Ansatzmöglichkeiten gibt es, die Honorierung erfolgt extrabudgetär – aber nicht jeder Arzt darf alles ansetzen.

Zum Teil unterscheiden sich die neuen Leistungen nur wenig von bereits vorhandenen EBM-Ziffern: So wurde etwa die Nr. 37300 (41,28 Euro) für die palliativmedizinische Ersterhebung neu eingeführt. Sie beinhaltet die Ersterhebung des Patientenstatus im Rahmen eines standardisierten palliativmedizinischen Assessments und das Erstellen bzw. Aktualisieren eines Behandlungs-, Schmerztherapie- und/oder Notfallplans in Zusammenarbeit mit beteiligten Ärzten; sie ist einmal im Krankheitsfall – d.h. innerhalb von vier Quartalen – berechnungsfähig.

Inhaltlich unterscheidet sich diese Leistung damit nicht wesentlich von der bereits existierenden Hausarzt-Nr. 03370 (Palliativmedizinische Ersterhebung), die mit 35,91 Euro honoriert wird.

Die Hälfte der Ziffern nur mit KV-Genehmigung ansetzbar

Der Haken: Um die neue Leistung berechnen zu können, muss man einen Antrag auf Genehmigung bei der KV stellen. Diese prüft, ob der Arzt die in Anlage 30 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte aufgeführten Voraussetzungen erfüllt. Dazu gehören:

  • Nachweis der persönlichen Qualifikation (siehe Tabelle),
  • Nachweis der Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern wie Pflegeeinrichtungen oder Hospizdiensten,
  • Nachweis jährlicher palliativmedizinischer Fortbildungen (acht Fortbildungspunkte)

Vorausgesetzte persönliche Qualifikation des Arztes

Praktische Erfahrung:
  • zweiwöchige Hospitation in palliativversorgender Einrichtung oder SAPV-Team
    oder
  • Betreuung von mindestens 15 Palliativpatienten in den letzten drei Jahren
Theoretische Kenntnisse:
  • 40-stündige Fortbildung Palliativmedizin
    oder
  • 20-stündige Fortbildung Schmerzmedizin, sofern 60-stündige Fortbildung Geriatrische Grundversorgung und 80-stündige Fortbildung Psychosomatik vorhanden
    oder
  • 18-stündige Fortbildung zu definierten Themen aus psychosozialen, spirituellen, ethischen, rechtlichen Bereichen, wenn 80-stündige Fortbildung Schmerztherapie vorhanden

Dabei beträgt der Preisunterschied zwischen der Nr. 37300 und der Nr. 03370 gerade mal 5,37 Euro im gesamten Krankheitsfall. Auch die weiteren qualifikationsgebundenen Ziffern verbessern den finanziellen Anreiz gegenüber den SAPV-Pauschalen nur unwesentlich:
  • Nr. 37302 (28,96 Euro, einmal im Quartal) als Zuschlag zur Versichertenpauschale für die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen sowie der palliativmedizinischen und -pflegerischen Versorgung
  • Nr. 37317 (150 Euro, einmal im Krankheitsfall) als Zuschlag für die Erreichbarkeit/Besuchsbereitschaft
  • Nr. 37318 (22,43 Euro) für eine mindestens fünf Minuten dauernde telefonische Beratung mit dem Pflegepersonal, ärztlichen Bereitschaftsdienst, Krankenhaus oder den Angehörigen.
Die Einführung einer weiteren Leistung nach Nr. 37314 (konsiliarische Erörterung und Beurteilung komplexer medizinischer Fragestellungen durch einen Konsiliararzt mit der Zusatzbezeichnung Palliativmedizin, 11,16 Euro, einmal im Quartal) zeigt schließlich auch die Zielrichtung der KBV: Es werden offensichtlich die ärztlichen Mitglieder der SAPV-Teams angesprochen, die diese Pauschale z.B. für ein Gespräch mit dem Hausarzt berechnen können. Für die hausärztliche Leistung ist hier kein Honorar vorgesehen.

Ziffern öffnen Palliativbereich für quasi alle Fachrichtungen

Die weiteren neuen palliativmedizinischen Leistungen bringen eine Öffnung in den nicht-hausärztlichen Bereich mit sich. Das Pendant zu den Nrn. 37305 und 37306 sind die Nrn. 03372 und 03373 im Hausarztkapitel. Alle Leistungen werden mit 13,05 Euro als Zuschlag zum Hausbesuch (Nrn. 01410 / 01413 bzw. Nrn. 01411, 01412 / 01415 vergütet. Eine Art „Feigenblatt“ scheint dagegen die neue Nr. 37320 zu sein, die mit fünfmal im Krankheitsfall zu jeweils 6,74 Euro – also bis zu 33,70 Euro – eine Fallkonferenz zwischen dem Arzt und den komplementären Fachdisziplinen honoriert. Streng genommen ist das der einzige „Gewinn“, den ein Hausarzt aus dieser EBM-Neuerung generieren kann.

Ist der KBV eigentlich bewusst, was sie da tut?

Es ist eine schleichende Entwicklung, die sich hier offenbart, die von der KBV auch an anderen Punkten vorangetrieben wurde: Erst wurde die Möglichkeit des Einsatzes der NäPa auch im fachärztlichen Bereich eröffnet, dann wurden Abrechnungspositionen in der Geriatrie geschaffen, die nur von spezialisierten (Fach-)Ärzten berechnet werden können. Jetzt hat man die Palliativmedizin für nahezu alle Fachrichtungen geöffnet. So wird zunehmend hausärztliche Kompetenz und letztendlich auch potenziell hausärztliches Honorarvolumen abgeschöpft – eine Entwicklung, die dem zunehmenden Hausärztemangel zuarbeitet. Die Frage ist: Will das die KBV tatsächlich oder fehlt ihr einfach Weitsicht?

Wer nicht mitmacht – hat auch nichts verloren

Ein kleiner Trost: Während die Öffnung für den Einsatz einer NäPa und die Abspaltung der Geriatrie ziemlich offenkundig Kassengelder umleitet, fällt der Honorarklau bei der Palliativmedizin deutlich erträglicher aus: Auch hier werden zwar neue Leistungen geschaffen, die an Qualifikationsvoraussetzungen gebunden sind. Unterm Strich verliert aber kein Hausarzt Geld, wenn er diesen (Irr-)Weg nicht mitgeht. Die Spezialisten dagegen, die jetzt schon im Palliativteam der SAPV tätig sind, werden mit dem neuen „Brosamen“-Honorar kaum zu locken sein.

Palliativversorgung im EBM
Neue Palliativziffern
Euro
alte Palliativziffern
Euro
37300 Palliativmedizinische Ersterhebung, 1x im Krankheitsfall*41,2803370 Palliativmedizinische Ersterhebung, 1x im Krankheitsfall 35,91
37302Zuschlag zur Versichertenpauschale für Koordination, 1x im Quartal28,9603371Zuschlag zur Versichertenpauschale für palliativmedizinische Versorgung, 1x im Quartal16,74
37317Zuschlag zu Nr. 37302 für Telefon- und Rufbereitschaft, 1x im Krankheitsfall150,00
37318 Telefonische Beratung, mind. 5 Minuten außerhalb Sprechzeiten33,43
37305 Zuschlag zu Nr. 01410 oder 01413, je 15 Minuten13,0603372Zuschlag zu Nr. 01410 oder 01413, je 15 Minuten13,06
37306Zuschlag zu Nr. 01411, 01412 und 0141513,0603373Zuschlag zu Nr. 01411, 01412 und 01415 13,06
37320Fallkonferenz, 5x im Krankheitsfall6,74

*kursive Ziffern = qualifikationsgebunden

Quelle: Medical-Tribune-Recherche

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