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"Entkrampfte" Heilmittelverordnung - Lymphdrainage soll künftig ohne Regressangst verschrieben werden können

Verordnungen Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Auch Lymphdrainage soll künftig ohne Regressangst verschrieben werden können! Auch Lymphdrainage soll künftig ohne Regressangst verschrieben werden können! © fotolia/Pixelot
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Bei Erkrankungen, die auf der "Diagnoseliste zum besonderen Verordnungsbedarf" geführt werden, ist seit 2017 das Genehmigungsverfahren entfallen. Entsprechende Heilmittelverordnungen unterliegen nicht der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Nun wird diese Anti-Regress-Liste erweitert.

Einige der Indikationen, die neu in die Liste der Erkrankungen aufgenommen wurden, für die ein langfristiger Heilmittelbedarf als genehmigt gilt, spielen beim Hausarzt nur eine untergeordnete Rolle. Dazu gehören z. B. angeborene Fehlbildungssyndrome, schwere COPD, Chromosomenanomalien, Syringomyelie und Syringobulbie, systemischer Lupus sowie die Thalidomid-Embryopathie.

Es wurden aber auch Diagnosen aufgenommen, die ab dem vollendeten 70. Lebensjahr einen besonderen Verordnungsbedarf darstellen. Dazu gehören z.B. Demenz und Osteoporose mit pathologischer Fraktur, die Versorgung von Patienten mit Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit Beginn vor dem 65. Lebensjahr oder spezifische Diagnosen aus den Bereichen Entwicklungsstörungen bei Kindern, sekundäres Parkinson-Syndrom, chronische Atemwegserkrankungen mit Ursprung in der Perinatalperiode, die Versorgung von Schulterläsionen, Systemkrankheiten des Bindegewebes, Kyphosen, Skoliosen sowie juvenile Osteochondrosen.

Erweiterung der Liste bei lymphatischen Erkrankungen

Zu den häufig erforderlichen Verordnungen bei Erkrankungen aus dem lymphatischen Formenkreis hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Beschluss gefasst, der sich "entkrampfend" auswirken könnte. Die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf bei Lymphödemen wurde angepasst: Manuelle Lymphdrainage für Lymphödeme des Stadiums II und III unterliegen nicht mehr der Wirtschaftlichkeitsprüfung und können bei entsprechender Indikation ohne Regressangst verordnet werden.

 

Krankheitsbilder mit besonderem Heilmittelversorgungsbedarf
ICD-10DiagnoseSchlüsselBereits gültig
I89.01Lymphödem der oberen und unteren Extremitäten, Stadium IILY2













I89.02Lymphödem der oberen und unteren Extremitäten, Stadium IIIx
I89.04Lymphödem, sonstige Lokalisation, Stadium II
I89.05Lymphödem, sonstige Lokalisation, Stadium IIIx
I97.21Lymphödem nach (partieller) Mastektomie (mit Lymphadenektomie), Stadium II
I97.22Lymphödem nach (partieller) Mastektomie (mit Lymphadenektomie), Stadium III
I97.82Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am axillären Lymphabflussgebiet, Stadium II
I97.83Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am axillären Lymphabflussgebiet, Stadium III
I97.85Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am inguinalen Lymphabflussgebiet, Stadium II
I97.86Lymphödem nach medizinischen Maßnahmen am inguinalen Lymphabflussgebiet, Stadium III
Q82.01Hereditäres Lymphödem der oberen und unteren Extremitäten, Stadium II
Q82.02Hereditäres Lymphödem der oberen und unteren Extremitäten Stadium III
Q82.04Hereditäres Lymphödem, sonstige Lokalisation, Stadium II
Q82.05Hereditäres Lymphödem sonstige Lokalisation Stadium III

Heilmittelrezepte zu diesen Diagenosen spielen bei der Entscheidung, ob ein Regressverfahren eingeleitet werden soll, keine Rolle.

Bereits zum 1. Januar 2017 waren übergangsweise Indikationen zur Lymphdrainageverordnung auf die Diagnoseliste zum besonderen Verordnungsbedarf genommen worden (s. Tabelle). Sie gilt weiterhin und wird erst mit Inkrafttreten des neuen Beschlusses außer Kraft gesetzt.

Ausgangspunkt für den neuen Beschluss war die Aktualisierung der ICD-10-GM. Dort wurde die Codierung der Lymphödeme in Stadien und Lokalisationen aufgeglie­dert. Dabei haben u.a. Fachgesellschaften darauf hingewiesen, dass Lymphödeme bereits ab Stadium II einen langfristigen Behandlungsbedarf mit Heilmitteln nach sich ziehen und die Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf deshalb zu ergänzen sei.

Gemäß G-BA-Beschluss ist bei der Verordnung der in der Tabelle aufgeführten Erkrankungen des Lymphsystems ein langfristiger Bedarf nach Anlage 2 der Heilmittel-Richtlinie zu unterstellen. Wird der Beschluss nicht vom Bundesgesundheitsministerium beanstandet, tritt er mit der Veröffentlichung in Kraft.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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