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Was Sie schon immer übers Krankschreiben wissen wollten

Verordnungen Autor: Anouschka Wasner

Krankschreiben - Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) - so geht's! Krankschreiben - Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) - so geht's! © Fotolia/conorcrowe
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Das Ausstellen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) kann für den Vertragsarzt manchmal zu einer echten Herausforderung werden. Das liegt nicht nur am neuen Formular, sondern auch an den unterschiedlichsten Konstellationen.

Mit dem Wissen um die Schwierigkeiten mit der AU haben die beiden Hausärzte Timo Schumacher und Ruben Bernau auf der practica 2016 in Bad Orb das Wichtigste zum Thema auf den Punkt gebracht:

1. Ihr Patient erscheint montags und fragt, ob er eine AU rückwirkend bis Donnerstag haben kann – geht das?

Nein! Rückwirkend eine AU ausstellen, das geht nur in Ausnahmefällen und dann auch nur maximal über drei Kalendertage. Ist Ihnen der Patient bekannt und vertrauen Sie auf seine Aussagen, können Sie für die vor diesem Zeitraum liegenden Tage (hier: Donnerstag und Freitag) ein Attest ausstellen, in welchem Sie die Erkrankung glaubhaft bescheinigen.

2. Ihr Patient erscheint donnerstags und fragt, ob er eine AU rückwirkend für einen Tag haben kann. Wie machen Sie das?

Bei erstmaliger Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist die Zeile auszufüllen „Arbeitsunfähig seit...“ als auch die Zeile „Festgestellt am...“, sowohl, wenn die Daten voneinander abweichen, als auch, wenn es sich um das gleiche Datum handelt. „Festgestellt am...“ bezieht sich dabei auf den Arzt, also nicht auf z.B. das Krankenhaus, aus dem der Patient eventuell gerade entlassen wurde. Das Druckdatum entspricht dabei dem tatsächlichen Datum!

3. Ihr Patient legt Ihnen den Original-Entlassungsbrief der Klinik vor und fragt, ob sie ihm nicht nachträglich eine AU ausstellen können, weil er vergessen hat, sich in der Klinik eine geben zu lassen – geht das?

In diesem speziellen Fall ist eine rückwirkende AU wasserdicht!

4. Ihr Patient ruft an, er habe Durchfall und könne deswegen nicht in die Praxis kommen,und fragt, ob Sie ihm eine AU ausstellen – geht das?

Grundsätzlich muss eine ärztliche Untersuchung die Grundlage einer Krankschreibung sein. Sie müssen Ihrem Patienten also sagen, dass er am nächsten Tag vorbeikommen soll. Dann stellen Sie die AU rückwirkend aus (siehe Tipp 2). Sollten Sie jemals aus ganz spezifischen Gründen aufgrund eines Telefonats eine AU ausstellen, sollten Sie das unbedingt von der MFA dokumentieren lassen!

5. Ihr Patient ruft an, er will eine AU vom Nachbarn/von der Ehefrau abholen lassen – geht das?

Nein! Nur in sehr individuellen Fällen – Patient ist palliativ oder Sie sind gerade nicht abkömmlich – können entsprechende Regelungen gefunden werden.

6. Ihr Patient ist krankgeschrieben, möchte aber wieder zurück an seinen Arbeitsplatz und sie sollen ihn „gesundschreiben“ – geht das?

Nein! Die Verantwortung für die Entscheidung, ob sich der Patient ausreichend gesund fühlt, um zu arbeiten, liegt alleine beim Arbeitnehmer. Es ist keine Gesundschreibung notwendig! Bei ernsthaft Erkrankten kann man deswegen ruhig auch mal länger krankschreiben. Kann der Patient dann früher wieder auf die Arbeit zurück, macht das sicherlich einen guten Eindruck.

7. Ihr Patient hat zwei Arbeitsstellen, die unterschiedlichen Einsatz erfordern. Wären da nicht zwei unterschiedliche AU nötig?

Ja. Die Arbeitsfähigkeit macht sich an der Arbeitsstelle und der Tätigkeit fest. Entsprechend können für die zwei verschiedenen Arbeitgeber auch zwei verschiedene AU ausgestellt werden.

8. Ihr Patient ist Hartz-IV-Empfänger und benötigt eine AU wegen eines Termins beim Amt, den er nicht wahrnehmen kann – was ist zu beachten?

Vorsicht: Die Beweislast, dass der Betroffene noch nicht mal jene drei Stunden, die für einen Besuch im Jobcenter nötig sind, einsatzfähig ist, liegt beim Arzt. Sollte nicht zur Gewohnheit werden.

9. Ihr Patient fragt eine AU an im Zusammenhang mit …

  • einer Knochenmarkspende – geht das? In diesem Fall ist die AU kein Problem.
  • einer Piercinginfektion – geht das? Sicherheitshalber rufen Sie bei der Kasse an. Dann ist der Patient außerdem auch geschützt, wenn sich etwas Ernsthafteres daraus entwickeln sollte.
  • einer Koloskopie und ihrer Vorbereitung – geht das? Die Koloskopie ist nicht mehr in der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie* aufgeführt – eine AU ist möglich, die Vorbereitung allerdings nur, wenn die Umstände zur Arbeitsunfähigkeit führen.
  • einer Mammographie – geht das? Nein, hier ist keine AU möglich.

10. In der neuen AU-Bescheinigung wurde der Auszahlschein für das Krankengeld integriert.

Das Kästchen "ab 7. AU-Woche oder sonstiger Krankengeldfall" soll angekreuzt werden, wenn die Dauer der Arbeitsunfähigkeit mehr als sechs Wochen beträgt – das können Sie tun, müssen Sie aber nicht. Ein Kreuz bedeutet lediglich für die Kasse, dass in diesem Fall geprüft werden muss. Sie übernehmen weder mit noch ohne Kreuz die verwaltungstechnische Verantwortung für das Krankengeld.

* Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit (...), zuletzt geändert am 17. Dezember 2015, in Kraft getreten am 17. März 2016

Quelle: practica 2016

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