Anzeige

Krankschreibung bei Hartz-IV-Patienten

Gesundheitspolitik Autor: Anke Thomas

Anzeige

Die Neuregelung tritt jetzt in Kraft: Ärzte, die Hartz-IV-Patienten krankschreiben, müssen sich diese künftig genauer anschauen. So sieht es ein Beschluss des G-BA vor. Das dürfte bedeutend zeitaufwendiger werden.

Der Arzt soll künftig bei Patienten, die Hartz-IV beziehen, prüfen, ob diese mehr als drei Stunden täglich arbeitsfähig sind bzw. an einer Eingliederungsmaßnahme teilnehmen könnten. Wird dies verneint, darf der Arzt sie arbeitsunfähig schreiben. Das sieht ein Beschluss des G-BA für Hartz-IV-Empfänger vor.

Pikant ist: Ärzte sollen die Arbeitsfähigkeit bei Menschen einschätzen, die gar keine Arbeit haben. Zudem müsste der Arzt im Prinzip bei jeder Krankmeldung den Patienten fragen, ob er Hartz IV bezieht.

Der Beschluss des G-BA wird Ärzten sicherlich eines bescheren: Ärger mit den Patienten. Dabei dürfen Ärzte schon heute keine Patienten krankschreiben, die arbeitsfähig sind.

Auch der Wiesbadener Rechtsanwalt Maximilian Guido Broglie sieht die Neuerung kritisch: Hausärzte sind in der Regel keine Arbeitsmediziner. Und wenn eine Bescheinigung nicht korrekt erstellt werden sollte, kann der Arzt in die Haftung genommen werden. Mit dem Beschluss wurde die Entscheidungsverantwortung von der Behörde auf den Arzt verlagert.

Jurist Broglie: Die AU-Feststellung wird im Einzelfall sehr diffizil sein – insbesondere dann, wenn der Arzt den Patienten nicht selbst betreut und dessen Krankheitsgeschichte nicht kennt. Trotzdem hat er zu beurteilen, ob und für welchen Zeitraum (in Stunden) der Hartz-IV-Berechtigte arbeitsfähig ist. Das dürfte zeitaufwendiger als üblich sein.

Die KBV hatte gegen die Neuregelung gestimmt, da es sich nicht um eine arztspezifische Aufgabe handele. Doch die Kritik half nichts. Jetzt hat das das Bundesgesundheitsministerium dem Beschluss zugestimmt.

Der Arzt tut gut daran, wenn er sorgfältig die Umstände beim Patienten erfragt, hinterfragt und eine distanzierte, anhand ärztlicher Kriterien geleitete Beurteilung vornimmt, meint auch Rechtsanwalt Matthias Litzel von der Kanzlei Prof. Dr. Edgar Weiler. Denn das leichtfertige Ausstellen einer Gefälligkeitsbescheinigung kann für den Arzt nicht nur berufsrechtliche Konsequenzen, sondern auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche sowie im schlimmsten Fall eine strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen.

Bei falschen AU kann Schadensersatz-Anspruch entstehen

Generell gilt: Stellt der Arzt alleine aufgrund der Angabe des Patienten eine unrichtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus, verstößt er gegen seine Berufspflicht zur gewissenhaften Ausübung des ärztlichen Berufes. Unter Umständen macht er sich gegenüber dem Arbeitgeber und der Krankenkasse des Patienten schadensersatzpflichtig. Arbeitgeber und Krankenkasse sind durch die ungerechtfertigte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verpflichtet, dem Arbeitnehmer für diese Zeit Lohn fortzuzahlen oder Krankengeld zukommen zu lassen. Dies kann für den Arzt je nach Höhe der Gehalts- bzw. Krankengeldansprüche teuer werden.

Und auch bei zu Unrecht krankgeschriebenen Hartz-IV-Empfängern kann ein finanzieller Schaden entstehen. Diese Personen stehen durch die unberechtigte AU der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung und beziehen Leistungen, ohne dadurch die geforderte Gegenleistung („1-Euro-Job“, Wiedereingliederungsmaßnahmen etc.) erbringen zu müssen.

Aktualisiert am 4.10.2012

Anzeige