Anzeige

Hinter anhaltendem Husten kann auch HIV stecken

Autor: Maria Fett

HIV kann sich hinter unspezifischen Symptomen wie Husten verstecken. HIV kann sich hinter unspezifischen Symptomen wie Husten verstecken. © iStock.com/SIphotography
Anzeige

Fast jeder siebte HIV-Infizierte in Deutschland lebt mit dem Virus, ohne es zu wissen. Einer der Gründe dafür sind unspezifische Symptome.

„Denken Sie in der Anamnese an sexuell übertragbare Krankheiten“, appellierte der Kollege immer wieder an seine Zuhörer. Dr. Armin Wunder, Institut für Allgemeinmedizin der Universitätsklinik Frankfurt am Main, mahnte mehrfach, beim sprichwörtlichen Hufgetrappel öfter ans Zebra zu denken – und nicht nur an Pferde. Hinter Beschwerden wie

  • rezidivierenden Pneumonien,
  • persistierender Diarrhö,
  • Abgeschlagenheit,
  • unklaren Effloreszenzen,
  • Pyelonephritis oder
  • rezidivierenden Sinusitiden

steckt eben manchmal eine HIV-Infektion. Wer in der Diagnostik nicht weiterkommt oder mit der Behandlung ins Leere läuft, sollte die Immunschwäche im Hinterkopf haben. Auch wenn Symptome und Patientencharakteristik zunächst auf etwas anderes deuten.

Weniger Homosexuelle positiv, dafür mehr Heterosexuelle

Wie wichtig das Thema in der Praxis ist, verdeutlichte Dr. Wunder mit aktuellen Zahlen des Robert Koch-Instituts. 2017 lebten hierzulande schätzungsweise 86 100 Menschen mit dem HI-Virus. 11 400 davon – also fast jeder Siebte – ohne dies zu wissen. Hinzu kommt, dass knapp die Hälfte der jährlich etwa 2700 Neudiagnostizierten sogenannte „Late Presenter“ sind, deren Immunsystem zum Zeitpunkt der Diagnose bereits stark geschädigt ist. Für sie erhöht sich besonders die Gefahr für opportunistische Infektionen.

Verbreitet sei zudem der „Tunnelblick“ auf Hochrisikogruppen. Zwar stellen Männer, die Sex mit Männern haben, noch immer den Mammutanteil unter den Virusträgern dar. Allerdings ging die Zahl der Neuinfektionen in dieser Gruppe von rund 2300 in 2012/2013 auf etwa 1700 in 2017 zurück. Zugleich stiegen sie bei heterosexuellen Männern und Frauen, die i.v. Drogen nehmen.

Wann lohnt der HIV-Test?
Sexuelle Praktik
HIV-Übertragungsrisiko
Risiko ausgehend von
gegenseitige Masturbationkeines-
SM (kein Blut)keines-
Urin und Kot (kein Blut)keines-
OralverkehrgeringSperma → Mundschleimhaut (Übertragungsrisiko nicht berechenbar)
geschützter Analverkehrsehr geringAnwendungsfehler bei Kondombenutzung
ungeschützter Analverkehr (Partner unter Therapie)sehr geringggf. inadhärentes Verhalten, Syphilis-Koinfektion
ungeschützter Analverkehr (Partner nicht unter Therapie)hochBlut, Schleimhaut, Sperma
ungeschützter Vaginalverkehr (Partner nicht unter Therapie)hochBlut, Schleimhaut, Sperma

Dass sich das Virus hinter unspezifischen Symptomen verstecken kann, musste auch Dr. Wunder erfahren. Er schilderte den Fall eines 36-jährigen Patienten, der sich mit anhaltendem Husten in seiner Praxis vorstellte. Sogar nach wiederholten Konsultationen besserten sich die Beschwerden nicht – sondern es kam im Gegenteil in den folgenden Tagen zu einer akuten Luftnot. Am Ende stellte sich heraus, dass der Mann unter einer Pneumocystis-Pneumonie infolge der Virusinfektion litt. Soll man nun alle auf HIV testen? Quasi als Routinecheck? Das wäre wohl nicht angemessen, meinte der Referent. Etwas sensibler sollte man für die Krankheit aber schon werden. Einen ersten Anhaltspunkt geben z.B. die sexuellen Präferenzen des Patienten. Denn abhängig von den Sexualpraktiken schwankt das Übertragungsrisiko teilweise deutlich.

Selbsttests können für schnellere Therapie sorgen

Bei bestimmten Patientengruppen bieten sich regelmäßige Untersuchungen jedoch an. Dazu zählen:
  • homosexuelle Männer (1 x pro Jahr),
  • Personen, die mehr als zehn Sexualpartner pro Jahr haben,
  • Frauen in der Schwangerschaft,
  • Drogenkonsumenten.
Auch Selbsttests hätten durchaus ihre Berechtigung. Ein Nutzen liegt darin, dass sie ein niedrigschwelliges Angebot schaffen und Betroffene so ggf. schneller eine Therapie erhalten können, so der Kollege.

Quelle: 43. practica