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Akute Pankreatitis: Worauf es bei der Therapie ankommt

Autor: Kathrin Strobel

Nach überstandener Erkrankung sollten Risikofaktoren wie Zigaretten und Alkohol gemieden werden, um ein Rezidiv zu verhindern. Nach überstandener Erkrankung sollten Risikofaktoren wie Zigaretten und Alkohol gemieden werden, um ein Rezidiv zu verhindern. © Crystal light – stock.adobe.com
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Die Therapie der akuten Pankreatitis stützt sich auf Flüssigkeitssubstitution und eine möglichst frühe enterale Ernährung. Um Rezidive oder eine Chronifizierung zu verhindern, gilt es zudem, Risikofaktoren zu minimieren.

Heftige Bauchschmerzen, die in den Rücken ausstrahlen, ggf. begleitet von Übelkeit, Erbrechen und Fieber – dies sind die typischen Beschwerden einer akuten Pankreatitis. Der Schmerz ist meist anhaltend und wird durch Essen und Trinken, aber auch durch Liegen in Rückenlage verstärkt. 

In etwa 80 % der Fälle verläuft die akute Pankreatitis mild bis mittelschwer. Liegt eine milde Erkrankung vor, verschwindet die Entzündung meist von allein. In der Regel können Betroffene das Krankenhaus nach einer Woche verlassen. Bereits bei mittelschweren Verläufen verlängert sich die Verweildauer teilweise deutlich, berichten Dr. Michael­ ­Mederos vom Department of Surgery an der David Geffen School of Medicine in Los Angeles und Kollegen. Ein Fünftel der Patienten sind von einer schweren Erkrankung betroffen. Bei ihnen klettert die Mortalität auf 20 %.

Die häufigste Ursache für Entzündungen der Bauchspeicheldrüse sind Gallensteine, die für bis zu ein Drittel der Erkrankungen verantwortlich gemacht werden. An zweiter Stelle mit bis zu einem Viertel der Fälle steht Alkoholkonsum. Darauf folgen seltenere Auslöser wie Hypertriglyzerid­ämie, Hyperkalz­ämie, Infektionen oder Medikamente. Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle.

In der Anamnese sollte man Patienten deshalb gezielt nach solchen Risikofaktoren fragen: Ist ein Gallensteinleiden bekannt? Gab es Pankreatitiden in der Familie oder hat der Patient selbst bereits eine entsprechende Episode durchlebt? Wie sieht es mit dem Alkoholkonsum aus? 

Bei V.a. eine autoimmune Genese IgG4 bestimmen

Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich das Abdomen von Betroffenen häufig aufgebläht und gespannt, die Darmgeräusche sind vermindert. Zu einem kontralateralen Loslassschmerz kommt es meist nicht, erklären die Kollegen. Labordiagnostisch können Amylase, Lipase und Leberwerte hilfreich sein. Ggf. lässt sich über die Blutwerte die Ursache für die Entzündung erkennen, z.B. im Fall einer Hyperkalz­ämie, bei Gallensteinen (Bilirubin und/oder alkalische Phosphatase erhöht) oder einer Hypertriglyzerid­ämie. Bei V.a. eine autoimmune Pankreatitis lohnt sich die Serum-IgG4-Bestimmung. Einen Ultraschall sollte man in jedem Fall durchführen, CT oder MRT sind – wenn überhaupt – erst im weiteren Verlauf der Erkrankung sinnvoll, nicht aber im Initial­stadium.

Laut der sog. Atlanta-Klassifikation müssen für die Diagnose einer akuten Pankreatitis zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sein:

  • typische Bauchschmerzen
  • Serumamylase und/oder -lipase um den Faktor > 3 über Normalwert erhöht
  • CT- oder MRT-Befund in Einklang mit einer Pankreatitis

In etwa 80 % der Fälle reichen die ersten beiden Kriterien für die Diagnose aus, betonen Dr. Mederos und Kollegen.

Man unterscheidet zwischen der ödematösen und der nekrotisierenden Pankreatitis sowie zwischen milden, mittelschweren und schweren Verläufen der Entzündung.

Ödematöse vs. nekrotisierende Pankreatitis

Bei der akuten Pankreatitis lassen sich zwei Typen unterscheiden. Bei der ödematösen Form stehen eine Entzündung sowie die Ödembildung des Parenchyms und des peripankreatischen Gewebes im Vordergrund. Innerhalb der ersten vier Wochen der Erkrankung kommt es mitunter zu akuten peripankreatischen Flüssigkeitsansammlungen, die sich im Verlauf zu Pseudozysten weiterentwickeln können. Von der ödematösen Form ist die nekrotisierende Pankreatitis abzugrenzen, bei der es zum Untergang von Gewebe kommt. Auch hier können Flüssigkeitsansammlungen entstehen. Enthalten diese nekrotische Anteile, spricht man von akuten nekrotischen Flüssigkeitsansammlungen. Diese können sich zu sogenannten Walled-off-Nekrosen weiterentwickeln.

Wenn keine lokalen Komplikationen auftreten und es nicht zum Organversagen kommt, liegt eine milde Pankreatitis vor. Ein vorübergehendes Organversagen über weniger als 48 h und/oder lokale Komplikationen sprechen für einen mittelschweren Verlauf. Bei der schweren Form hält das Organversagen länger als 48 h an. Verschiedene Risikoscores helfen bei der Prognoseeinschätzung. Gängig sind z.B. APACHE II, BISAP und Ranson. Diese unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Spezifität und Sensitivität, aber auch im Hinblick auf ihre Durchführbarkeit und die Dauer bis zum Erhalt des Ergebnisses. Zusätzlich zu den genannten Bewertungssystemen können einzelne Biomarker bei der Einschätzung des Outcomes helfen. So sagt ein CRP-Wert von mindestens 190 mg/l innerhalb der ersten 48 h nach der stationären Aufnahme oder ein absoluter Anstieg um mehr als 90 mg/l einen schweren Verlauf voraus. Der positive Vorhersagewert liegt bei 96,1 % bzw. 95,6 %.

CT erst bei fortgeschrittener Erkrankung sinnvoll

Die CT wird erst im Verlauf der Erkrankung relevant. Im frühen Stadium (d.h. weniger als 72 h nach Symptombeginn) bringt sie keinen Mehrwert. Bei fortgeschrittener Entzündung lässt sich die Krankheitsschwere z.B. mittels CT-Severity-Index bestimmen. Die Therapie stützt sich auf zwei wesentliche Pfeiler: die frühe intensive Flüssigkeitssubstitution und Ernährung. Wann immer möglich, sollte bei letzterer der enteralen Versorgung der Vorzug gegeben werden. Im Vergleich zur parenteralen Ernährung senkt diese das Risiko für Tod, Organversagen und systemische Entzündungen.  Auch nach überstandener Erkrankung besteht das Risiko für erneute Episoden einer akuten Pankreatitis oder für das Fortschreiten zur chronischen Entzündung. Bis zu 35 % der Patienten entwickeln eine exokrine Pankreasinsuffizienz. Daher ist es wichtig, Risikofaktoren zu eliminieren oder zumindest zu reduzieren. Bei Patienten, bei denen der Pankrea­titis ein Gallensteinleiden zugrunde liegt, wird eine Chole­zystektomie durchgeführt. Alkohol und Zigaretten gilt es möglichst zu meiden. Wer unter Hypertriglyzerid­ämie leidet, sollte eine Ernährungsberatung erhalten, gegebenenfalls sind zusätzlich Medikamente notwendig, um die Blutfette zu senken (z.B. Fibrate oder Statine).

Quelle: Mederos MA et al. JAMA 2021; 325: 382-390; DOI: 10.1001/jama.2020.20317