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Altersgerechte Betreuung bei Stammzelltransplantationen!

Autor: Josef Gulden

Ein Grund für das Mehr an Stammzelltransplantationen in hohem Alter: die gestiegene Lebenserwartung. Ein Grund für das Mehr an Stammzelltransplantationen in hohem Alter: die gestiegene Lebenserwartung. © nobeastsofierce – stock.adobe.com
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Der Anteil über 70-Jähriger ist unter den allogen/autolog transplantierten Patienten in den USA stark gestiegen. Die Krux: Ein erhöhtes Risiko für nicht-rezidivbedingte Mortalität. Ein systematisches geriatrisches Assessment soll die Prognose erheblich bessern.

Um die Fitness älterer Patienten für eine Stammzelltransplantation zu ermitteln, wurden traditionell Alter, Komorbiditäten und eine grobe Feststellung des Performancestatus verwendet. Alternativ könnte man versuchen, den physiologischen Status und die soziale Unterstützung zu optimieren.

Das physiologische Alter kann mithilfe eines multidimensionalen geriatrischen Assessments bestimmt werden. Dies umfasst Faktoren wie:

  • funktionellen Status,
  • Komorbiditäten,
  • kognitive Fähigkeiten,
  • Verhalten,
  • soziale/ökonomische Situation,
  • Ernährungszustand und
  • Polypharmazie.

Im Hinblick auf die Vorhersage der Lebenserwartung und der Toleranz gegenüber Therapien hat sich ein solches Assessment gegenüber medizinischen Standard­erhebungen als leistungsfähiger erwiesen.

Die Methode könnte sich auch bei Einstufung und Betreuung von Patienten vor einer autologen oder allogenen Stammzelltransplantation bewähren, schreiben Wissenschaftler um Benjamin A. Derman, University of Chicago, Chicago. Deshalb bildeten sie ein multidisziplinäres Team, das bei Transplantationskandidaten das beschriebene geriatrische Assessment durchführt. Zudem bemühten sie sich, die Bedingungen der Betroffenen zu optimieren.

Insbesondere werden bei den Teammeetings Dinge wie die bei Älteren erhöhte Morbidität und das höhere Risiko für die nicht durch Rezidive bedingte Mortalität angesprochen. Man versuchte darüber hinaus, die Resilienz der Patienten zu erhöhen.

Für eine allogene Stammzelltransplantation sollten Kandidaten ≥ 60 Jahre alt sein, für eine autologe Transplantation ≥ 70 Jahre. Von den 247 Patienten, die in einer ers­ten Auswertung präsentiert wurden, sollten 60 % allogen und 37 % autolog transplantiert werden; die restlichen Personen sollten eine adop­tive T-Zell-Therapie bekommen.

Ein-Jahres-Überlebensrate erhöht sich auf 70 %

Die allogen transplantierten Teilnehmer unterschieden sich hinsichtlich des Anteils an Hochrisiko-Erkrankungen, Konditionierungsregimes mit reduzierter Intensität (RIC) und der Komorbidität nicht wesentlich von einem historischen Kollektiv von Patienten, die nur einem konventionellen geriatrischen Assessment unterzogen worden waren. Lediglich funktionelle Behinderungen waren seltener.

In der multidisziplinär versorgten Kohorte starben im Vergleich zu den Kontrollen weniger Patienten während des stationären Aufenthalts, der sich insgesamt verkürzte. Zudem wurden weniger Patienten pflegebedürftig: Die Ein-Jahres-Überlebensrate stieg von 43 auf 70 %. Die Ein-Jahres-Rate nicht-rezidivbedingter Todesfälle wurde von 43 auf 18 % mehr als halbiert.

Von den 31 multidisziplinär betreuten und autolog transplantierten Patienten, die älter als 70 Jahre alt waren, war nach einem Jahr ein einziger gestorben (3 %); und zwar an einem Rezidiv. Die nicht durch Rezidive bedingte Mortalitätsrate nach einem Jahr lag hier also bei 0 %.

Die durch ein geriatrisches Assessment getriggerte Betreuung von älteren Transplantationskandidaten durch ein multidisziplinäres Team scheint die transplantations­assoziierte Morbidität und Mortalität deutlich zu senken, so die Autoren. Mit dem Konzept sollte es gelingen, die Möglichkeiten der potenziell kurativen Therapie noch mehr älteren Patienten zugutekommen zu lassen.

Quelle: Derman BA et al. Blood Adv 2019; 3: 3488-3498; DOI: 10.1182/bloodadvances.2019000790