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Typ-1-Diabetesscreening Antikörper und Genschnipsel

Autor: Manuela Arand

Multigenanalysen könnten helfen, ein erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes frühzeitig zu entdecken. Multigenanalysen könnten helfen, ein erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes frühzeitig zu entdecken. © iStock/ConceptCafe
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Das Testen aller Kinder auf Vorstufen des Typ-1-Diabetes hält eine Expertin für machbar und erfolgversprechend. Dafür hat sie einige gute Argumente und fasst zusammen, was sich bisher mit zwei verschiedenen Ansätzen erreichen ließ.

Ein generelles Screening auf Typ-1-Diabetes würde die klinische Versorgung verbessern, indem es z.B. diabetische Ketoazidosen bei der Manifestation verhindert. Man könnte rechtzeitig Kinder identifizieren, die von präventiven Therapien profitieren. Zudem würde es helfen, die Krankheitsentwicklung besser zu verstehen. So begründete Professorin Dr. ­Anette-Gabriele Ziegler vom Institut für Diabetesforschung am Helmholtz Zen­trum München ihre Position für ein Screening der Gesamtbevölkerung. Zwei Methoden befinden sich dazu in der Erprobung. Zum einen der Test auf Insel-Autoantikörper. Die zweite Möglichkeit ist, mittels Multigenanalysen Menschen mit einem erhöhten Risiko für Typ-1-Diabetes zu identifizieren.

Termingründe und fehlende Testzentren als Hürden

Zum Screening auf Auto­antikörper stellte die Referentin u.a. Daten der Studie FR1DA vor. Das Programm läuft seit 2015 in Bayern – mittlerweile etwas verändert unter dem Namen FR1DAplus. „Wir nahmen einmalig eine Kapillarblutprobe bei Kindern im Alter von zwei bis fünf Jahren“, erklärte Prof. Ziegler. Um falsch-positive Befunde zu vermeiden, folgte die anschließende Analyse einem abgestuften Verfahren. Seit 2015 sind in ­FR1DA fast 140.000 Kinder untersucht worden. Einen Frühdiabetes hatten 410 von ihnen (0,29 %), 81 entwickelten binnen drei Jahren einen klinischen Typ-1-Diabetes.

Nur drei Kinder erlitten eine dia­betische Ketoazidose (3,7 % derer mit Diabetesmanifestation). In Registerkollektiven liegt diese Rate bei 20–30 %. Von den 410 Autoantikörper-positiven Kindern hatte jedes zehnte einen pathologischen Glukosestoffwechsel. Befragungen zufolge entlastete das Screening die Eltern erkrankter Kinder deutlich im Vergleich zur üblichen Diagnose ohne Screening.

In die weiterführende FR1DA Insulin Intervention Study trat etwa die Hälfte der geeigneten Kinder ein. Ein Großteil der übrigen Familien konnte dies aus Termingründen nicht, oder weil kein Studienzentrum in ihrer Nähe lag. „Wenn wir solch breite Screenings durchführen und Interventionen anbieten möchten, müssen wir auch dafür sorgen, dass es genug gut erreichbare Studienzentren gibt“, betonte Prof. Ziegler.

Als Beispiel für ein Screening auf das genetische Diabetesrisiko präsentierte die Referentin die europäische Initiative GPPAD (Global Platform for the Prevention of Autoimmune Diabetes). Darin wird ein 47 Genvarianten umfassender Test genutzt, um Babys zu identifizieren, die ein mehr als 10%iges Risiko für Insel­zell­auto­immunität in den ersten sechs Lebensjahren haben. In mehreren europäischen Ländern wurden bereits mehr als 250.000 Kinder unter fünf Monaten gescreent – etwa 1 % mit positivem Ergebnis. Den Eltern dieser Kinder wurde die Teilnahme an einer Primärpräventionsstudie angeboten: In POINT erhalten die Kinder in den ersten drei Lebensjahren oral ein Insulinpulver, um Toleranz zu erzeugen. Die Rekrutierung ist mittlerweile abgeschlossen, die Studie läuft noch bis 2025. Nun können Kinder mit erhöhtem Diabetesrisiko an der Studie SINT1A teilnehmen. Darin wird die Prävention mit einem Probiotikum erprobt.

Kongressbericht: 81th Scientific Session der American Diabetes Association (ADA)