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Bei hohem Risiko Babys vorzeitig gegen Masern impfen

Autor: Dr. Alexandra Bischoff

Säuglinge vor dem neunten Lebensmonat zu impfen – das ist Notfällen vorbehalten. Säuglinge vor dem neunten Lebensmonat zu impfen – das ist Notfällen vorbehalten. © iStock/andriano_cz
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Etwa 12 % aller Masernerkrankungen treten bei Babys vor dem regulären Impf­alter auf. Im Fall einer Epidemie rät die WHO deshalb, Säuglinge bereits ab dem sechsten Lebensmonat gegen Masern impfen zu lassen. Doch welche Auswirkungen hat das auf Immun­antwort und Sicherheitsprofil?

Säuglinge vor dem neunten Lebensmonat zu impfen – das ist Notfällen vorbehalten. Doch beeinflusst eine solche frühe Vakzinierung eigentlich die Immunantwort auf Folgedosen? Dieser Frage sind Forscher um Dr. Laura M. Nic Lochlainn­ vom Centre for Infectious Disease Control, National Institute for Pub­lic Health and the Environment im niederländischen Bilthoven mit einer Metaanalyse nachgegangen.1

Die Auswertung von 13 Studien ergab eine Seropositivitätsrate von 98 % nach zwei Impfdosen bei Kindern, die in einem Alter von < 9 Monaten die erste Gabe erhalten hatten – kein signifikanter Unterschied zu älteren Impflingen. Auch die Wirksamkeit der Immunisierung und die T-Zell-Antwort erwiesen sich als unabhängig vom Zeitpunkt der ersten Vakzinierung. Eine Erst­impfung vor dem neunten Lebensmonat beeinträchtigt somit nicht die Effektivität der zweiten Vakzination.

Eine zweite Metaanalyse der Autoren zeigte allerdings, dass der Schutzeffekt der ersten Immunisierung bei jüngeren Säuglingen deutlich kleiner ausfällt als bei älteren: Nur 50 % der im Alter von vier Monaten Geimpften wiesen eine Serokonversion auf, während dies immerhin bei 85 % der Fall war, die mit acht Monaten geimpft wurden.2 Das Immunsystem jüngerer Babys ist offenbar nur begrenzt dazu fähig, Antikörper zur Infektionsabwehr zu bilden.

Nebenwirkungen wie bei späterer Impfung

Insgesamt betrug die Schutzwirkung der ersten Dosis bei Säuglingen < 9 Monaten 58 % und bei älteren 83 %. Das ist auf jeden Fall besser als gar kein Schutz in Situationen mit hohem Erkrankungsrisiko, z.B. bei Masernepidemie oder Reisen in Risikogebiete. Weiterhin scheint eine frühe Vakzinierung sicher zu sein, die Nebenwirkungen ähnelten sich in den unterschiedlichen Altersgruppen.

Die Forscher halten angesichts der Datenlage in Kombination mit der hohen Morbidität und Mortalität von Masern gerade in sehr jungem Alter sowie der Sicherheit der Impfung die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO für durchaus sinnvoll. Diese besagt, Säuglinge in Risikosituationen ab dem sechsten Lebensmonat gegen Masern zu immunisieren.

Allerdings ersetzt eine frühe Vakzinierung laut WHO nicht den ersten regulären Impftermin, sondern muss zusätzlich erfolgen. Somit sind statt der üblichen zwei Dosen insgesamt drei erforderlich, was vor allem in ärmeren Ländern aus ökonomischen und organisatorischen Gründen problematisch sein könnte.

1. Nic Lochlainn LM et al. Lancet Infect Dis 2019; 19: 1246-1254; DOI: https://doi.org/10.1016/S1473-3099(19)30396-2
2. Nic Lochlainn LM et al. A.o.O; 1235-1245; DOI:  https://doi.org/10.1016/S1473-3099(19)30395-0