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Blitzschlagverletzungen vorbeugen Buchen nicht suchen

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Wer sich auf offenem Feld befindet sollte schnellstmöglich einen sicheren Unterschlupf suchen. Wer sich auf offenem Feld befindet sollte schnellstmöglich einen sicheren Unterschlupf suchen. © iStock/clintspencer
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Blitzschlagverletzungen enden oft tödlich. Zum Schutz kommt es auf den richtigen Unterschlupf und die korrekte Körperhaltung an. Regenschirm und Smartphone sollten besser in der Tasche bleiben. Und dass man Buchen­ suchen soll, ist nichts als ein weit verbreiteter Irrglaube.

Der Strom fließt zwar nur wenige Millisekunden, dennoch kann ein Blitz das getroffene Medium auf mehrere tausend Grad erhitzen. Menschen werden häufig indirekt geschädigt, wobei auch Regenschirme und Telefonhörer eine wichtige Rolle spielen können (s. Kasten). Das Erstaunliche: Selbst ein direkter Einschlag kann überlebt werden. Beim Durchfluss durch die Haut entsteht eine Gleitentladung, die die Stromdichte auf der Oberfläche konzentriert und zum Körper­inneren hin verringert. Besonders protektiv wirkt die superfizielle Ableitung am Kopf, erklären Felix Liebold und Kollegen von der Universitätsklinik Köln. Denn der Schädelknochen bildet eine zusätzliche wenig leitende Schicht mit hohem Widerstand. 

Unfallmechanismen beim Blitz

  • direkter Einschlag
  • Kontakt mit einschlaggefährdeten Objekten (z.B. Regenschirm)
  • Entladung (z.B. vom Baum auf eine nebenstehende Person)
  • Schrittspannung zwischen zwei Berührpunkten (z.B. bei breitbeinigem Stehen auf dem Boden)
  • leitervermittelter Effekt (z.B. durch Einschlag in Telefonleitung, wenn das Opfer den Hörer am Ohr oder in der Hand hält)
  • Aufwärtsblitz durch Entstehung eines Lichtbogens nach oben zur ionisierten Luftsäule, bevor der Blitz den Boden erreicht hat

Haupttodesursache sind Arrhythmien

Wenn es zu einer blitzbedingten Schädigung kommt, ist meist der gesamte Körper betroffen. Besonders häufig treten zentralnervöse und kardiovaskuläre Komplikationen auf. Haupttodesursache sind in der Regel Arrhythmien. Zu den weiteren typischen Folgen der elektrostatischen Entladung zählen Verbrennungen ersten und zweiten Grades. Auf der Haut finden sich oft sogenannte Lichtenberg-Figuren. Das sind baum-, farn- oder sternförmige erythematöse Muster unklarer Pathogenese. Zudem drohen stumpfe Verletzungen durch die vom Blitz ausgelöste Druckwelle und sturzbedingte Fakturen infolge der Bewusstlosigkeit. Seltener treten Läsionen innerer Organe auf wie Magenperforation, Pankreas- und Lebernekrosen. Im Fall einer Rhabdomyolyse ist mit einer Crush-Niere zu rechnen. Therapeutisch steht bei Patienten mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand die kardio-pulmonale Reanimation an erster Stelle. Weitere wichtige Maßnahmen sind Analgesie, Wundversorgung und Volumengabe. Wegen der komplexen Schädigung müssen Betroffene oftmals in Brandverletztenkliniken oder spezialisierten Traumazentren behandelt werden. Um Blitzschlag vorzubeugen, sollte man bei überraschend aufziehendem Gewitter in freier Natur ein paar einfache Regeln befolgen. Einen ausreichenden Schutz bieten geschlossene Fahrzeuge und feste Gebäude. Zu meiden sind offene Felder und Gewässer (inklusive Indoorpools mit Außenbecken), ebenso leitfähige Gegenstände wie Metallzäune, Elektrogeräte, Zeltstangen und Stahlseile. Zu Überlandleitungen empfehlen die Autoren einen Mindestabstand von 50 m. Im Wald bieten hohe, dicht zusammenstehende Bäume einen relativ guten Schutz. Wer keinen sicheren Ort erreichen kann, sollte sich hinhocken, den Kopf möglichst tief halten und den Boden nur mit den Vorderfüßen berühren. Diese Kauerstellung minimiert die Kontaktfläche. Ein wichtiger Punkt, denn Menschen werden häufig durch eine Fortleitung des Stroms vom Einschlagsort über den Boden getroffen. Die Entscheidung, ob man sich bei bzw. nach einem Gewitter (wieder) im Freien aufhalten sollte, wird durch die 30/30-Regel erleichtert: Demnach empfiehlt es sich, nach Gewitterende mindestens 30 Minuten zu warten.

Jeder zehnte Blitz schlägt ein, obwohl kein Regen fällt

Akute Blitzschlaggefahr besteht, wenn zwischen Licht­erscheinung und Donner weniger als 30 Sekunden vergehen. Blitze können folglich noch in 10–15 km Entfernung zur Gewitterfront einschlagen. Bei einer Schallgeschwindigkeit von 340 m/s entsprechen 30 Sekunden einer Entfernung von 10.200 m. Eine halbe Stunde nach dem letzten Blitz ist die Gewitterfront weit genug weggezogen oder hat sich aufgelöst. Im Zusammenhang mit Gewittern sind nach wie vor diverse Falsch­informationen weit verbreitet: Eine davon besagt, dass Blitze nur dort einschlagen, wo Regen fällt. Nein! 10 % der Ereignisse erfolgen ohne Niederschlag. Auch bei blauem Himmel ist man nicht per se sicher, denn Blitze können von weit entfernten Unwettern herrühren. Ein Drittel der Unfälle ereignet sich gegen Ende eines Gewitters, weil Personen ihren Unterschlupf zu früh verlassen. Grundverkehrt ist die Empfehlung: „Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen.“ Denn der Strom fließt unabhängig von der Baumart den Stamm entlang nach unten und kann von dort auf Schutzsuchende überspringen.

Quelle: Liebold F et al. Flug u Reisemed 2021; 28: 237-243; DOI: 10.1055/a-1520-4046