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COPD: Neuromuskuläre Elektrostimulation stärkt schwache Muskeln

Autor: Friederike Klein

Wofür einst der Zitterrochen verwendet wurde, werden heute moderne EMS-Geräte eingesetzt. Wofür einst der Zitterrochen verwendet wurde, werden heute moderne EMS-Geräte eingesetzt. © wikimedia/Roberto Pillon; fotolia/BERLINSTOCK
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Schon Galen berichtete vor mehr als 2000 Jahren von der Elektrotherapie. Damals wurde als natürliche Energiequelle ein Zitterrochen verwendet. Heute ermöglichen Geräte eine gezieltere Stimulation. Sie verspricht auch bei COPDlern mit fortgeschrittener Myopathie Erfolg.

Die neuromuskuläre Elektrostimulation (NMES) ist eine Alternative, wenn bei COPD-Patienten körperliches Training zum Beispiel wegen Komorbiditäten oder Ex­azerbationen nicht möglich ist, erläuterte der Hamburger Physiotherapeut Jan Kaufmann. Eine aktuelle Cochrane-Metaanalyse kam zu dem Ergebnis, dass die NMES als Monotherapie Kraft und Ausdauer des Quadrizeps von COPDlern stärkt.1

Leihgeräte sind für drei Monate verordnungsfähig

Außerdem verbessert die Stimulation die 6-Minuten-Gehstrecke, verlängert die Zeit bis zum sym­ptombedingten Trainingsstopp bei moderater Intensität und verringert die Ermüdung der Beine nach einem Aktivitätstest. Auch geringe Verbesserungen der maximalen Sauerstoffaufnahme wurden beschrieben.

Absolute Kontraindikationen sind Epilepsie und schlechte Hautverhältnisse (Wunden etc.). Als relative Kontraindikationen nannte Kaufmann Schwangerschaft, Herzschrittmacher (Hersteller fragen!), Adipositas (Unterhautfettgewebe kann die wirksame Stimulation verhindern) und Bewusstlosigkeit (es fehlt die Rückmeldung des Patienten). In der Intensivmedizin werde die neuromuskuläre Elektrostimulation aber durchaus eingesetzt.

Leihgeräte zur elektrischen Muskelstimulation (EMS) bzw. transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) sind bei COPD-Kranken mit Myopathie nach Aussage von Kaufman als Hilfsmittel für drei Monate verordnungsfähig. Es müsse allerdings als Therapieziel „Beseitigung einer Atrophie innervierter Muskulatur, solange behinderungs-/krankheitsbedingt ein zielführendes aktives Muskeltraining nicht möglich ist“ angegeben werden. Die modernen Geräte sind klein und auch für den Gebrauch durch den Patienten gut geeignet.

Patienten müssen sich an die Kontraktionen gewöhnen

Da die erzeugten Reize nicht selektiv sind, kommt es auch zur sensiblen Erregung, was nach Erfahrung des Physiotherapeuten nicht alle Kranken gut tolerieren. Wichtig ist, nach Ermitteln des Schwellenwerts die Stromstärke langsam zu steigern. „Sonst erschrecken sich die Patienten und bekommen Atemnot“, so Kaufmann.

Auch Patienten, die mit der Behandlung gut zurechtkommen, müssen sich zunächst an die ungewohnten fremdbestimmten Muskelkontraktionen gewöhnen. Die Adaptation erfolgt aber in der Regel schnell. Zudem solle man die Patienten schon im Vorfeld darauf hinweisen, dass ein leichter Muskelkater auftreten könne.

Quelle: 1. Hill K et al. Cochrane Database Syst Rev 2018; 5: CD010821