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Lungenembolie COVID-19 schwächt Aussagekraft der D-Dimere

Autor: Friederike Klein

Bei einer Infektion mit COVID-19 sind die D-Dimere, die als Marker für eine Lungenembolie vor der CT-Angiografie dienen, bereits erhöht und wenig aussagekräftig. Bei einer Infektion mit COVID-19 sind die D-Dimere, die als Marker für eine Lungenembolie vor der CT-Angiografie dienen, bereits erhöht und wenig aussagekräftig. © iStock/mr.suphachai praserdumrongchai
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Patienten mit COVID-19 haben ein hohes Risiko, venöse Thromboembolien (VTE) zu entwickeln. Einer Metaanalyse zufolge erwischt solch ein Ereignis fast jeden Siebten. Die Inzidenz der Lungenembolie liegt bei etwa 7,8 %, die tiefer Venenthrombosen bei 11,2 %. Welche diagnostischen Konsequenzen hat die latente Gefahr?

Gemäß der 2019 publizierten Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) zum Management der akuten Lungenembolie (LE) sollte bei einem hämodynamisch stabilen Patienten mit LE-Verdacht zunächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung tatsächlich vorliegt, abgeschätzt werden – entweder anhand der klinischen Erfahrung oder mithilfe des Genfer bzw. Wells Scores. 

Leitlinie der ESC sieht Markerdiagnostik vor 

Ergibt sich daraus eine geringe oder mittlere Wahrscheinlichkeit, misst man zunächst die D-Dimere. Bei einem Wert oberhalb des Cut-off folgt eine CT-Angiographie der Lunge. Ist die Wahrscheinlichkeit für eine Lungenembolie hoch, wird diese Untersuchung sofort durchgeführt, berichtete Professor Dr. Stavros Konstantinidis vom Centrum für Thrombose und Hämostase der Universitätsmedizin Mainz. 

Im Fall von COVID-19 hält der Kollege das D-Dimer-gestützte Vorgehen nicht für sinnvoll, da die Marker bei den Betroffenen unabhängig von einer Lungenembolie erhöht sind. Ein schneller D-Dimer-Anstieg korreliert zwar mit einer schlechten Prognose, ist aber ebenfalls nicht hinweisend auf eine pulmonale Embolie. Deshalb gilt abweichend von der ESC-Leitlinie, dass eine D-Dimer-Erhöhung ohne andere Verdachtsmomente bei COVID-Patienten keine Bildgebung oder Behandlung nach sich zieht. Über die prophylaktische Gabe von Antikoagulanzien herrscht derzeit noch keine Einigkeit, sagte Prof. Konstantinidis. 

Routinemäßig bei COVID-19-Patienten mit respiratorischer oder hämodynamischer Verschlechterung eine pulmonale CT-Angiographie durchzuführen, lehnt Prof. Konstantinidis ab – dieses Vorgehen sei weder machbar noch medizinisch vertretbar. Dagegen sollte die Untersuchung rasch stattfinden, wenn aufgrund der folgenden Kriterien der Verdacht auf eine Lungenembolie besteht:

  • unerwartete/unerklärliche respiratorische Verschlechterung
  • plötzliche Tachykardie ohne erkennbare Ursache
  • Blutdruckabfall, der nicht auf eine Arrhythmie, Hypovolämie oder Sepsis zurückgeht
  • akute EKG-Veränderungen, die auf eine Lungenembolie hinweisen
  • klinische Zeichen der tiefen Beinvenenthrombose

Kongressbericht: 61. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (Online-Veranstaltung)