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Typ-2-Diabetes Die Prävalenz steigt, der Herzschutz sinkt

Autor: Ulrike Viegener

In der Analyse der Daten aus dem „National Health and Nutrition Examination Survey“ wurden die Parameter HbA1c, Blutdruck und LDL-Cholesterin betrachtet. In der Analyse der Daten aus dem „National Health and Nutrition Examination Survey“ wurden die Parameter HbA1c, Blutdruck und LDL-Cholesterin betrachtet. © iStock/sorbetto
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In den USA erkrankt mittlerweile rund jeder Siebte an Typ-2-Dia­betes. Damit ist die Prävalenz in den vergangenen 20 Jahren noch einmal deutlich gestiegen. Als wäre dies nicht genug, erreicht nur etwa ein Fünftel der Betroffenen einen ausreichenden Herzschutz.

Die rasante Ausbreitung des Typ-2-Diabetes und die Zunahme diabetesbedingter Morbidität in der westlichen Welt nahmen Forschende um Dr. Li­ Wang­, Shanghai Jiao Tong University School of Medicine, zum Anlass, die Entwicklung am Beispiel der US-amerikanischen Bevölkerung genauer unter die Lupe zu nehmen. Dafür bedienten sie sich der Daten aus dem „National Health and Nutrition Examination Survey“, das ausgewählte Gesundheitsaspekte in einer repräsentativen Kohorte seit den 1970er-Jahren erfasst.

National Health and Nutrition Survey

NHANES ist ein seit Anfang der 1970er-Jahre laufendes Forschungsprogramm des National Center for Health Statistics (NCHS), das zum Ziel hat, den Gesundheitszustand und Ernährungsstatus der US-amerikanischen Bevölkerung über die Zeit hinweg zu dokumentieren. In den dazu geführten Interviews werden demographische und sozioökonomische Daten sowie Informationen über das Ernährungsverhalten erhoben. Außerdem finden regelmäßig ärztliche Untersuchungen einschließlich Labortests in mobilen Zentren statt. Die NHANES-Daten liefern wichtige Informationen zur Prävalenz von Volkskrankheiten wie Diabetes und deren Risikofaktoren und sind Basis für gezielte Präventionsmaßnahmen.

Eine positive Diabetesanamnese lag vor, wenn es entweder eine entsprechende ärztliche Diagnose gab oder im Survey ein Nüchternblutzucker von mindestens 126 mg/dl bzw. ein HbA1c-Wert ab 6,5 % festgestellt wurde. Drei kardiovaskuläre Parameter – HbA1c, Blutdruck, LDL-Cholesterin – wurden ausgewählt, um zu überprüfen, wie gut typische dia­betesassoziierte Risikofaktoren in der Bevölkerung kontrolliert sind. Als gut eingestellt galten Personen mit HbA1c-Werten im individuell festgelegten Zielbereich, mit einem Blutdruck unter 130/80 mmHg und einem LDL-Cholesterin unter 100 mg/dl.  Das Team von Dr. Wang analysierte insgesamt Daten von mehr als 28.000 Erwachsenen im mittleren Alter von 48,2 Jahren. Die geschätzte altersangepasste Diabetesprävalenz stieg im Laufe der Zeit deutlich an: Während von 1999 bis 2000 eine Dia­betesprävalenz von 9,8 % ermittelt wurde, lag sie in den Jahren 2017/2018 bereits bei 14,3 %.  Was die adäquate Kontrolle kardiovaskulärer Risikofaktoren bei Menschen mit Diabetes anbelangt, deckt die Erhebung große Defizite auf. Zwar hat sich die Situation in den beiden Zeiträumen verbessert. Bei der Mehrzahl war aber auch in jüngerer Vergangenheit die Therapie nicht optimal angepasst. So erreichten in den Jahren 1999 bis 2002 bzw. 2015 bis 2018 66,8 % bzw. 58,9 % ihr individuelles HbA1c-Ziel. Einen Blutdruck von unter 130/80 mmHg hatten 48,2 % vs. 38,5 %, und ein LDL-Cholesterin von unter 100 mg/dl wurde bei 59,7 % bzw. 35,4 % gefunden. 

Situation verbessert, aber ausbaufähig

Der Anteil von Patienten, deren Therapie man hinsichtlich HbA1c, Blutdruck und LDL als rundum erfolgreich bezeichnen kann, konnte seit der Jahrtausendwende zwar mehr als verdoppelt werden, lag aber auch im Zeitraum 2015 bis 2018 nur bei 21,2 %. Grundsätzlich war die Therapie jüngerer Erwachsener bis 44 Jahre mit Blick auf die drei Kernparameter weniger erfolgreich als bei älteren Menschen mit Diabetes (ab 65 Jahre).  Ein schlechteres Abschneiden jüngerer Personen stellten die Forschenden mit Blick auf HbA1c, LDL-Cholesterin allein sowie der Trias aus allen Risikofaktoren fest. Diese waren bei 7,4 % der Jüngeren vs. 21,7 % der Älteren adäquat eingestellt. Nur wenn der Blutdruck allein betrachtet wurde, kamen die Jüngeren besser weg: unter 130/80 mmHG schafften 56,5 % von ihnen vs. 37,4 % der Älteren.

Quelle: Wang L et al. JAMA 2021; 326: 704-716; DOI: 10.1001/jama.2021.9883