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Alpha-Gal-Syndrom Fleischallergie von der Zecke

Autor: Friederike Klein

Erst ins eigene Fleisch gestochen und danach kein tierisches Fleisch mehr vertragen. Das durch Zecken verursachte Alpha-Gal-Syndrom verdirbt einem ordentlich den Appetit. Erst ins eigene Fleisch gestochen und danach kein tierisches Fleisch mehr vertragen. Das durch Zecken verursachte Alpha-Gal-Syndrom verdirbt einem ordentlich den Appetit. © iStock/Barcin; iStock/nechaev-kon
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Zeckenstiche können nicht nur eine Lyme-Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis nach sich ziehen. Manchmal vergällen sie dem „Opfer“ durch das Alpha-Gal-Syndrom auf Dauer den Fleischgenuss.

Eine 66-Jährige berichtet ihrem Allergologen von rezidivierenden Schwellungen der rechten Gesichtshälfte und anderer Körperregionen nach Fleischkonsum. Die Beschwerden hätten vor etwa zwölf Jahren begonnen, erinnert sich die Frau. Einige Wochen nach einem Zeckenstich sei es erstmals zu einer massiven Rötung und Schwellung der rechten Gesichtshälfte gekommen. Seither reagiere sie etwa zwei bis vier Stunden nach dem Genuss von Lamm-, Rind- oder Schweinefleisch genauso. Auch andere Hautareale seien betroffen. Lakritze vertrage sie ebenfalls nicht. Milchkonsum führe bei ihr zu Blähungen. Gelegentlich komme es zu Jucken und Schwellung der Lippen und beider Hände sowie einem trockenen Husten.

Bei der Patientin ist ein Heuschnupfen bekannt, die Frage nach Allergien auf Hausstaub, Tiere, Medikamente oder Insektengift verneint sie ebenso wie die nach einer Neurodermitis. Wie der in Hamburg niedergelassene Kollege Dr. Hartmut­ Timmermann in der weiteren Anamnese erfährt, hat die Frau zeitweise in Australien gelebt, was den Kollegen auf eine heiße Spur bringt: Sowohl im Osten Australiens als auch im Südosten der USA tritt gehäuft nach Zeckenstichen das Alpha-Gal-Syndrom auf.

Symptome von Urtikaria bis zum Durchfall

Alpha-Gal ist ein Kohlenhydrat, das im Speichel von dort heimischen Zecken enthalten ist und auf das manche Menschen allergisch reagieren. Tatsächlich zeigt die Patientin serologisch eine starke Reaktivität auf Alpha-Gal. Eine bronchiale Hyperreagibilität wird bei ihr per Metacholinprovokation ausgeschlossen, die Hauttestung fällt negativ aus.

Das Alpha-Gal-Syndrom kann sich sehr unterschiedlich äußern, u.a. mit:

  • Urtikaria, Juckreiz, Ekzemen
  • Anschwellen von Gesicht, Lippen, Zunge, Rachen und anderen Körperregionen
  • Giemen, Kurzatmigkeit
  • Naselaufen, Niesen
  • Magenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
  • Kopfschmerzen
  • Anaphylaxie

Therapeutisch hilft nur die Karenz: kein rotes Fleisch, Innereien und keine Säugetierprodukte essen, die Alpha-Gal enthalten. Aufgrund der Kreuzreaktivität müssen auch gelatinehaltige Produkte wie Gummibärchen, Puddings, Joghurtzubereitungen sowie manche Konserven gemieden werden.

Da Gelatine in vielen Produkten enthalten sein kann, hilft nur, die Zutatenlisten zu lesen. Gelatinegefahr kann auch bei Medikamenten (Tabletten, Kapseln, Infusionen, Impfstoffe) und tierischen Herzklappen bestehen. Dr. Timmermann empfahl, die Sensibilisierung gegenüber Alpha-Gal und Gelatine im Al­lergiepass zu vermerken.

Quelle: 61. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin*

* Online-Veranstaltung