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Hepatische Enzephalopathie: Große Wissenslücken bei Hausärzten und Gastroenterologen

Autor: Dr. Alexandra Bischoff

Nur die Hälfte der Hausärzte kann etwas mit dem Begriff „minimale HE“ anfangen. Nur die Hälfte der Hausärzte kann etwas mit dem Begriff „minimale HE“ anfangen. © kras99 – stock.adobe.com
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Vor allem bei deutschen Hausärzten herrschen offenbar große Wissenslücken, was das Management der hepatischen Enzephalopathie (HE) betrifft. Hand aufs Herz: Untersuchen Sie jeden Patienten auf HE, der mit einer Leberzirrhose in Ihre Sprechstunde kommt?

Die hepatische Enzephalopathie (HE) ist eine metabolisch bedingte Funktionsstörung des ZNS. Sie entwickelt sich im Rahmen einer Leberzirrhose und endet schlimms­tenfalls im Koma. Leider wird die schwerwiegende Komplikation im Praxisalltag viel zu häufig vernachlässigt oder gar übersehen. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass es bis 2019 keine nationale Leitlinienempfehlung gab, schreiben Dr. Chris­tian Labenz von der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz und Kollegen.

7 % der Allgemeinmediziner machen eine Diagnostik

Allerdings scheinen sich deutsche Ärzte beim HE-Management auch nicht an die 2014 publizierte internationale Leitlinie zu halten, wie eine Umfrage der Wissenschaftler zeigt. Sie hatten einen elektronischen Fragebogen mit 17 Items an 1468 Gastroenterologen und 120 Hausärzte geschickt. Bereits die Rücksendequote war mau – nur 12 % (n=172) der Gastroenterologen und 45 % (n=54) der Allgemeinmediziner schickten den ausgefüllten Fragebogen zurück. Die Auswertung ergab zunächst deutliche Wissenslücken. Knapp über die Hälfte der Hausärzte (54 %) konnte z.B. mit dem Begriff „minimale HE“ nichts anfangen, während dies nur für 6 % der Fachärzte zutraf. Von diesen kannten aber nur zwei Drittel die 2014 eingeführte Entität der „covert“ HE (minimale HE + HE Grad 1).

Gerade mal 27 % der Gastroenterologen untersuchten ihre Patienten bei Erstdiagnose einer Leberzirrhose gleichzeitig auf das Vorliegen einer HE und nur 7 % der Allgemeinärzte. Während die Spezialisten zur Diagnostik entweder auf eine Kombination verschiedener Testverfahren (28 %) oder eine klinische Untersuchung (23 %) setzten, war unter Hausärzten die klinische Diagnostik beliebter (55 %).

Patienten erhalten oft falsche Ernährungsempfehlungen

In puncto Ernährungsempfehlungen schnitten die Allgemeinmediziner allerdings deutlich schlechter ab als ihre Kollegen: Nicht einmal ein Drittel (28 % versus 64 %) gab Patienten korrekte Anweisungen. Beide Gruppen bevorzugten als Medikation Lactulose, gefolgt von Rifaximin und einer Kombinationsbehandlung, wobei die Strategien hinsichtlich Behandlung und Sekundärprophylaxe insgesamt ausgesprochen uneinheitlich waren.

Quelle: Labenz C et al. Z Gastroenterol 2020; 58: 49-56; DOI: 10.1055/a-1010-6974