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Sarkoidose Nachweis gelingt nur Schritt für Schritt

Autor: Dr. Sonja Kempinski

Lymphknoten mit typischem Sarkoidosegranulom (lichtmikro­skopische Aufnahme in HE-Färbung). Lymphknoten mit typischem Sarkoidosegranulom (lichtmikro­skopische Aufnahme in HE-Färbung). © Science Photo Library/CNRI
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Eine Sarkoidose dingfest zu machen, ist nicht leicht, denn viele Erkrankungen kommen ganz ähnlich daher. Fest steht: Die Histologie allein reicht nicht aus, um die Diagnose zu sichern.

Die Sarkoidose ist definiert als eine granulomatöse Erkrankung unklarer Ursache, die multiple Organe betrifft. Deshalb kann sich hinter ihr alles, aber auch wirklich alles verstecken, betonte Professor Dr. Michael Kreuter vom Zentrum für interstitielle und seltene Lungenerkrankungen, Thoraxklinik des Universitätsklinikums Heidelberg.

Doch die Diagnose wird nicht nur durch die vielen Differenzialdiagnosen erschwert. Die Sarkoidose selbst tritt auch von Mensch zu Mensch durchaus unterschiedlich auf. Kaukasische Patienten leiden beispielsweise häufiger unter einer Hyperkalzämie als afroamerikanische. Bei diesen sind wiederum Knochenmark, Haut, Leber und Augen öfter betroffen. Unterschiede zeigen sich auch bei den Geschlechtern: Frauen weisen eher Erythema nodosa oder neurologische Manifestationen auf, Männer eine Hyperkalzämie.

Auch das Manifestationsalter hilft nicht unbedingt weiter. Zwar sind 70 % der Patienten unter 50 Jahren. Die Sarkoidose wird aber auch bei 70-, 80- und sogar 90-Jährigen noch neu diagnostiziert. Immerhin: Im Kindesalter kommt die Erkrankung so gut wie gar nicht vor.

Doch wie geht man nun beim Verdacht auf eine Sarkoidose vor? Basis der Diagnostik sind die klinischen und radiologischen Befunde. Weist beispielsweise eine junge, bisher gesunde Frau Dyspnoe und Husten auf, steht erst einmal die Lungenfunktionsprüfung an. Bei pathologisch verringerter Vital- und Diffusionskapazität kommt als Nächstes die CT zum Einsatz.

Tumoren ausschließen

Zwei Differenzialdiagnosen hob Prof. Kreuter besonders hervor:
  1. sarkoidoseähnliche Reaktionen von Haut, Lymphknoten und Lunge durch die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren wie Nivolumab oder Pembrolizumab.
  2. sarkoidale Veränderungen in der Umgebung von Tumoren, die bei einer Biopsie auf die falsche Fährte führen. Bei der Beurteilung granulomatöser Gewebeveränderungen sollte man daher immer auch an einen Tumor denken. .

Sie liefert einige Befunde, die auf eine Sarkoidose deuten können: Dazu gehören die bihiläre Lymphadenopathie sowie fein-noduläre Parenchymverdichtungen und konsolidierende Infiltrate, beide typischerweise mit peribronchovaskulärer Verteilung. In manchen Fällen sieht man auch ein alveoläres Muster, ein untypisches Milchglasmuster in heterogener Verteilung oder, bei fortgeschrittener Erkrankung, auch eine Fibrose mit Deformation der Bronchien und Fissuren.

TBNA aus Lymphknoten reicht nicht

Im nächsten Schritt nähert man sich den Sekreten und dem Gewebe. Die bronchoalveoläre Lavage bringt bei einer Sarkoidose meist eine Lymphozytose zutage. Gewebeproben werden über die transbronchiale Biopsie (TBB) bzw. die transbronchiale Nadelaspiration von Lymphknoten (TBNA) entnommen. Die TBNA allein ist laut Prof. Kreuter nicht immer aussagekräftig, weshalb in vielen Instituten beide Verfahren durchgeführt werden. Ob Lungen- oder Lymphknotenbiopsat: Wegweisend für eine Sarkoidose sind bekanntermaßen Granulome im Gewebe. Doch Vorsicht, der histologische Nachweis von Granulomen allein beweist die Sarkoidose noch lange nicht, betonte Prof. Kreuter. Es gibt eine Unzahl pulmonaler Granulomatosen, die Liste der Differenzialdiagnosen ist riesig lang (siehe Kasten). Hier hilft nur der tiefe Blick ins Mikroskop weiter.

Differenzialdiagnosen bei Granulomen in der Lunge

  • Infektionen wie Tuberkulose, Kryptokokkose, Histoplasmose, Blastomykose, Aspergillose, Syphilis, Tularämie, Katzenkratzkrankheit, parasitäre Infektionen, M. Whipple
  • nicht-infektiöse Erkrankungen wie bronchozentrische Granulomatose, entzündliche Darmerkrankungen, Vaskulitiden, lymphomatoide Granulomatose, exogen-allergische Alveolitis, Whirlpool-Lunge, Aspirationspneumonie; Rheumaknoten
  • Reaktionen auf Fremdkörper, Talkum, Beryllium, Metalle
  • Reaktionen auf Medikamente (Methotrexat, Interferon, BCG, Infliximab, Etanercept, Leflunomid, Sirolimus)

Findet man neben den Granulomen Nekrosen, ist die Diagnose Sarkoidose weniger wahrscheinlich. In diesem Fall kommen je nach Zusatzbefunden Vaskulitiden, Infektionen, Rheumaknoten, die Aspirationspneumonie oder die bronchozentrische Granulomatose infrage. Liegen keine Nekrosen vor, ist das Vorhandensein peribronchiolärer Entzündungen entscheidend. Lassen sich diese entdecken, ist das ein Hinweis auf die Whirlpool-Lunge oder die exogen-allergische Alveolitis. Fehlen sie und finden sich stattdessen gut geformte Granulome in lymphangitischer Verteilung gibt es nur noch zwei Optionen: Die Sarkoidose und die genauso aussehende, extrem seltene Berylliose. Um beide Ursachen zu unterscheiden, muss man den Patienten nach einer Berylliumexposition fragen, erklärte Prof. Kreuter.

Finger weg von Biomarkern!

Doch auch dann ist der Weg noch nicht zu Ende. Schlussendlich gilt es, nach extrapulmonalen Manifesta­tionen zu suchen. Dazu dient neben der Sonographie des Abdomens, dem Langzeit-EKG und dem Herzecho die Bestimmung von Laborwerten: Kalzium (auch im Urin), Kreatinin, Harnstoff und Leberwerte. Bei Verdacht auf ZNS-, Knochen- oder Muskelbeteiligungen sind MRT und FDG-PET mögliche Optionen. Die häufig propagierten Biomarker wie ACE, löslicher Interleukin-2-Rezeptor (sIL-2R), Neopterin und Lysozym braucht man nicht zu messen. Sie alle sind weder in der Primärdiagnostik noch für Verlaufskontrollen geeignet. „Lassen Sie die Finger davon“, empfahl Prof. Kreuter. Passen Histologie, klinische und radiologische Befunde, sind andere mögliche Erkrankungen ausgeschlossen und ist mehr als ein Organ betroffen, dann ist die Diagnose Sarkoidose hochwahrscheinlich, so sein Fazit.

Quelle: RheumaLive*

* Online-Veranstaltung „Sarkoidose“ vom 06.07.2021, streamed-up.com