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Neue Studie spricht für Lungenkrebs-Screening

Autor: Michael Brendler

Die 6583 untersuchten Männer kamen im Schnitt auf 38 Packungsjahre. Die 6583 untersuchten Männer kamen im Schnitt auf 38 Packungsjahre. © iStock/Zhang Rong
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Lungentumoren verursachen weltweit mehr Tote als Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs zusammen – trotzdem gibt es in Europa für die Krankheit kein Früherkennungsprogramm. Das könnte sich nun ändern.

Über Jahrzehnte hinweg eine Packung Zigaretten täglich – wer für die NELSON-Studie als Teilnehmer infrage kam, hatte seine Lunge zuvor übel zugerichtet. 38 sogenannte Packungsjahre hatten die Probanden im Schnitt auf dem Konto. Knapp die Hälfte der Männer (44,9 %) hatte das Rauchen mittlerweile aufgegeben.

24 % weniger Lungenkrebstote

Das Team um Professor Dr. Harry J. de Koning vom University Medical Center in Rotterdam hatte 6583 Männer mit dieser Vergangenheit vier Computertomographien unterzogen. Untersucht wurde die Lunge in Intervallen von einem, drei und fünf­einhalb Jahren. Anschließend beobachteten die Wissenschaftler die Männer weitere 4,5 Jahre.

Tatsächlich gelang es mit diesem Screening, das Leben einiger Probanden zu retten. Nach zehn Jahren waren in der Gruppe 24 % weniger Lungenkrebstote zu verzeichnen als bei den 6612 ungescreenten Männern, die als Kontrollgruppe keine CT-Untersuchungen erhalten hatten. Die krankheitsspezifische Mortalität war von 3,3 Toten pro 1000 Personenjahre auf 2,5 Tote gesunken. Die Zahl der in einem frühen Stadium entdeckten Tumoren war gestiegen, die Zahl der nicht-kurierbaren gesunken. Der positive Vorhersagewert des Verfahrens liegt bei 43,5 %.

Immer wieder gebe es Befürchtungen, ein Lungenkrebsscreening führe zu Überdiagnosen, diskutieren die Autoren. Inzwischen – ein Jahr nach dem eigentlichen Studienende und 5,5 Jahre nach dem letzten CT – wurden durch das Screening unterm Strich 18 Lungentumoren mehr entdeckt als bei den Ungescreenten. Das ergibt eine „excess-incidence overdia­gnosis rate“ von 8,9 %, wie Prof. de Koning und sein Team errechnet haben.

Kosteneffektivität klären und Zielgruppe definieren

Damit gibt es für Professor Dr. Stephen­ W. Duffy von der Queen Mary University in London und Professor Dr. John K. Field von der University Liverpool keinen Zweifel mehr daran, dass ein regelmäßiges, niedrig dosiertes CT-Screening die Lungenkrebssterblichkeit bei Rauchern und ehemaligen Rauchern zu senken vermag. Aus ihrer Sicht müssen nun noch die Kosteneffektivität geklärt und die Zielgruppe definiert werden, bei der das CT-Screening durchgeführt werden sollte.

Quellen:
de Koning HJ et al. N Engl J Med 2020; 382: 503-513; DOI: 10.1056/NEJMoa1911793
Duffy SW, Field JK. A.a.O.: 572-573; DOI: 10.1056/NEJMe1916361