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Organspender mit überstandener COVID-19 akzeptieren?

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Im Fall der 61-jährigen COPD-Patientin wurde die Spenderlunge als transplantierfähig befunden. Im Fall der 61-jährigen COPD-Patientin wurde die Spenderlunge als transplantierfähig befunden. © ANASTASIIA – stock.adobe.com
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Auch Patienten mit überstandener SARS-CoV-2-Infektion können Organspender sein. Allerdings müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein.

Je länger die COVID-19-Pandemie andauert, desto häufiger werden sich im Pool potenzieller Organspender Menschen finden, die eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus hinter sich haben. Da das Virus vor allem in den Atemwegen siedelt, bestehen gewisse Bedenken, dass es per Spenderlunge übertragen werden könnte. Diese Gefahr erscheint in den meisten Fällen wohl eher gering im Vergleich zu dem Risiko, das ein längeres Verbleiben auf der Warteliste mit sich bringen würde.

Ein Ärzteteam der Universität Leuven publizierte kürzlich den Fall einer 61-jährigen Frau mit COPD im Endstadium, für die nach sieben Monaten auf der Warteliste, ein Spenderorgan für eine doppelte Lungentransplantation zur Verfügung stand. Der Haken: Anamnestisch war bekannt, dass die aufgrund einer intrazerebralen Blutung hirntote Spenderin drei Monate zuvor COVID-19-Symptome gezeigt hatte. Aktuell wies sie IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 auf. Der PCR-Test aus dem Rachenabstrich fiel jedoch negativ aus und blieb dies auch bei der wiederholten Messung acht Stunden vor der Lungenexplantation.

In der CT war die Lunge frei von Infiltraten

Die Lungen-CT zeigte keine Infiltrate oder Zeichen einer interstitiellen Erkrankung. In der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit ließ sich kein Virus nachweisen. Das Organ wurde für die Spende akzeptiert. In zwei Biopsien nach der Explantation fanden sich ein leichtes subpleurales Emphysem, aber keine Zeichen für COVID-19-induzierte Schäden. In einer Probe wurde niedrigtitrig SARS-CoV-2-RNA entdeckt, aber kein Wachstum in der Viruskultur.

Bei der Empfängerin fielen SARS-CoV-2-PCR-Test und Serologie negativ aus. Die doppelte Lungentransplantation wurde durchgeführt, und die Patientin erhielt eine Standard-Immunsuppression. Sechs Tage nach der Transplantation konnte sie die Intensivstation verlassen. Eine minimale akute Abstoßungsreaktion nach 15 Tagen ließ sich gut auffangen. Nach 35 Tagen konnte die Frau mit einem funktionierenden Spenderorgan nach Hause entlassen werden. SARS-CoV-2-PCR-Tests und Viruskulturen aus BAL-Flüssigkeit nach 15, 34 und 90 Tagen fielen allesamt negativ aus, ebenso der IgG-Antikörpertiter nach 90 Tagen sowie die PCR in einer Lungenbiopsie. CT-Kontrollen zeigten eine Lunge, die außer den nach einer Transplantation üblichen Veränderungen keine Besonderheiten aufwies. Die Spirometrie an Tag 90 war normal.

Auch die ISHLT* hat sich mit der Frage, wann sich Lungen nach einer SARS-CoV-2-Infektion als Spenderorgan eignen, schon beschäftigt. Sie sieht eine Transplantation als gerechtfertigt an, wenn sich der Patient innerhalb von 28 Tagen nach Symptombeginn klinisch erholt hat, zwei PCR-Tests im Abstand von 24 Stunden negativ sind und das Organ nicht permanent geschädigt ist.

* International Society for Heart and Lung Transplantation

Quelle: Ceulemans LJ et al. Lancet Respir Med 2020; DOI: 10.1016/S2213-2600(20)30524-5