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Parkinson: Verschiedene Subtypen auch in der Prodromalphase

Autor: Dr. Angelika Bischoff

REM-Schlaf-Störung, Riechverlust, autonome Dysfunktion, Depression und leichte motorische Ausfälle gehören zu den ersten Symptomen der Neurodegeneration. REM-Schlaf-Störung, Riechverlust, autonome Dysfunktion, Depression und leichte motorische Ausfälle gehören zu den ersten Symptomen der Neurodegeneration. © iStock/Astrid860
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Nicht nur die manifeste Parkinsonerkrankung präsentiert sich heterogen, auch in der langen prodromalen Phase lassen sich verschiedene Subtypen erkennen. Unterschiede bestehen in klinischen Charakteristika, Pathomechanismen sowie räumlichem und zeitlichem Progressionsmuster.

Bevor der neurodegenerative Prozess beginnt, gibt es eine frühe Phase, in der man eine Hyperechogenität der Substantia nigra beobachten kann. Daran schließt sich eine präklinische Periode mit beginnendem Abbau von Nervengewebe an. Es gibt jedoch keine Marker, um künftige Parkinsonpatienten schon in diesem Stadium identifizieren zu können, schreiben Professor Dr. Daniela Berg von der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, und Kollegen.

Während der dann folgenden Prodromalphase machen sich erste Symptome der Neurodegeneration bemerkbar. Dazu gehören REM-Schlaf-Störung, Riechverlust, autonome Dysfunktion, Depression – mit oder ohne komorbide Angststörung – und leichte motorische Ausfälle. In dieser Zeitspanne finden sich pathologische radiologische Marker, die das präsynaptische dopaminerge und das kardiale sympathische System betreffen. Sie gelten als prädiktiv für das Auftreten eines Morbus Parkinson.

Die prodromale Phase geht der klinischen Parkinsonerkrankung um etwa 10–20 Jahre voraus. Von den dort erscheinenden Symptomen sind insbesondere die REM-Schlaf-Störung, frühe kognitive Defizite und die autonome Dysfunktion sowie genetische Risikofaktoren mit einer rascheren Progression assoziiert.

Man weiß, dass der M. Parkinson nach dem Verlust von mehr als 50 % der striatalen dopaminergen Neuronen symptomatisch wird. Daher spielt das Dopaminimaging schon im Vorstadium eine Rolle. Bei 30–40 % der Menschen mit idiopathischer REM-Schlafstörung liegen pathologische radiologische Marker der präsynaptischen dopaminergen Transmission vor. Krankhaft veränderte DaT-SPECT*-Scans haben sich bei Patienten mit idiopathischer REM-Pathologie oder Hyposmie als Indikatoren der Konversion zur manifesten Erkrankung erwiesen. Dies erscheint plausibel, weil die REM-Störung auf eine bereits fortgeschrittene Hirnstamm-Neurodegeneration hindeutet.

Mittels MIBG**-Szintigraphie konnte auch gezeigt werden, dass Patienten mit beeinträchtigtem REM-Schlaf eine ausgeprägte kardiale sympathische Denervation aufweisen, die sich bei anderen prodromalen Typen nicht in dem Ausmaß finden lässt. Der gestörte REM-Schlaf gilt zudem als stärkster klinischer Marker für eine prodromale Synukleinopathie. Mehr als 80 % der davon Betroffenen entwickeln entweder eine Parkinsonerkrankung oder eine Lewykörperdemenz. Motorische Symptome stehen dabei häufiger am Anfang als demenzielle: Bradykinesie und Rigidität kommen früher, der Tremor später. Gesellen sich weitere Marker wie Riechverlust dazu, steigt das Risiko für den Krankheitsausbruch. Bei anderen prodromalen Subtypen kommt es primär häufiger zum Zittern.

Persistierende REM-Schlafstörung als Schweremarker

Menschen mit REM-Schlafstörung lassen sich frühzeitig identifizieren – vor einer weit fortgeschrittenen Neurodegeneration der Substantia nigra. Damit sind sie ideale Kandidaten für die Tests neuroprotektiver Therapien. Umgekehrt hat nur die Hälfte der Patienten mit manifestem Parkinson REM-Schlafstörungen. Bei vielen scheint sich dieses Symptom nach der Prodromalphase wieder zu verlieren. Wenn es jedoch bleibt, geht damit ein besonders schwerer Parkinson-Subtyp einher mit raschem kognitiven Verlust, schwerer autonomer Dysfunktion oder schneller Progression der motorischen Symptome und höherer Mortalität.

Als zwei weitere wichtige prodromale Subtypen konnte man den Body-first- und den Brain-first-Typ identifizieren. Im ersten Fall zeigt sich die Synukleinopathie zuerst im autonomen und enterischen Nervensystem und erreicht das Gehirn später. Im zweiten Fall verläuft der Weg umgekehrt, meist ausgehend vom limbischen System über den Hirnstamm in die Peripherie.

Der REM-Schlaf-Typ steht in enger Verbindung mit dem Body-first-Typ, da pontine Strukturen vor den dopaminergen Neuronen der Substantia nigra betroffen werden. Umgekehrt beobachtet man beim Brain-first-Subtyp selten eine REM-Schlafstörung, wenn die ersten motorischen Symptome auftreten. Zum radiologischen Monitoring bietet sich für den Body-first-Typ z.B. die kardiale MIBG-Szintigraphie an, da die kardiale Denervation der nigrostriatalen Degeneration um 5–15 Jahre vorausgeht. Für den Brain-first-Subtyp eignet sich eher ein Dopamin-Imaging. Die beiden Subtypen erlauben keine klare Klassifikation, spiegeln aber die phänotypische Variabilität schon im Vorstadium wider.

GBA- und LRRK2-Mutationen von Bedeutung

Auch die genetische Prädisposition und neuronale Vulnerabilität spielen eine Rolle. Von den genetischen Faktoren haben vor allem GBA-Mutationen und LRRK2-Mutationen Bedeutung. Es besteht ein Zusammenhang zwischen GBA-Mutationen und einer kürzeren, aber schweren Prodromalphase, außerdem finden sich diese Mutationen häufiger bei Patienten mit REM-Pathologie, Body-first-Typ und abnormalem MIBG-Scan. LRRK2-Mutationen sind vor allem mit leichteren nicht-motorischen Symptomen, Brain-first-Typ und normalem MIBG-Scan assoziiert.

Die Variabilität der Prodromalphase besser zu verstehen, könnte nicht nur Vorhersagen zur Progression in eine manifeste Erkrankung ermöglichen, sondern auch den Weg zu einer mechanismenbasierten Diagnostik und frühzeitigen neuroprotektiven Therapie ebnen.

* SPECT-Untersuchung mit dem 123I-markierten Dopamintransporter-Liganden FP-CIT
** Metaiodbenzylguanidin

Quelle: Berg D et al. Nat Rev Neurol 2021; DOI: 10.1038/s41582-021-00486-9