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Antientzündliche Ernährung Was können Rheuma-Diäten?

Autor: Dr. Sonja Kempinski

Einige Lebensmittel wirken antiinflammatorisch und können daher auch bei Rheumapatienten für Linderung sorgen. Einige Lebensmittel wirken antiinflammatorisch und können daher auch bei Rheumapatienten für Linderung sorgen. © New Africa – stock.adobe.com
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Man ist, was man isst: Wer als Rheumapatient lieber grünen Tee statt Kaffee trinkt und statt nachzusalzen seine Speisen mit Chili aufpeppt, fährt offenbar besser.

Wie sich die Ernährung auf rheumatische Erkrankungen auswirkt, wurde in den vergangenen Jahren in einer Vielzahl von Studien untersucht, berichtete Dr. Elena Nikiphorou von der School of Immunology & Microbial Sciences am King’s College London. Zusammengenommen ergeben sich daraus für Patienten eine ganze Reihe von Möglichkeiten, ihre Erkrankung nahrungstechnisch positiv zu beeinflussen – oder negative Einflüsse zu eliminieren. Im Zentrum steht dabei eine antiinflammatorische Diät (siehe Kasten). 

Entzündungshemmende Ernährung

Eine antiinflammatorische Diät zeichnet sich durch folgende Faktoren aus:
  • geringe Zugabe von Zucker
  • hoher Gehalt an Ballaststoffen
  • Kohlenhydrate mit niedrigem glykämischem Index
  • hoher Anteil an ungesättigten Fettsäuren und Omega-3-Fettsäuren
  • Gewürze und Kräuter statt Salz
  • wenig verarbeitete Nahrungsmittel, keine Fertigprodukte
  • hoher Gehalt an Vitaminen und Antioxidanzien

So vertragen sich beispielsweise Rheuma und Kochsalz nicht gut. Hintergrund ist die proinflammatorische Wirkung von NaCl: Es aktiviert Makrophagen und T-Helferzellen, erhöht die Interleukin-17-Spiegel und verringert die Funktion regulatorischer T-Zellen. Kein Wunder, dass verschiedene Studien einen dosisabhängigen Zusammenhang zwischen der täglichen Kochsalzaufnahme und dem Vorliegen einer RA-Diagnose zeigen konnten. Runter mit dem Salzkonsum, rät deshalb Dr. Nikiphorou. Statt nachzusalzen lieber auf Kräuter setzen oder es mit Schärfe probieren: Denn günstig auf eine RA wirken Chilischoten. Das darin enthaltene Capsaicin aktiviert die Expression antiinflammatorischer Makrophagen und moduliert die neuroimmunologische Antwort.

Limo pfui, Makrele hui

Auch Süßes beeinflusst Entzündungen. Vor allem die Zugabe von Zucker­ in Getränken wie Cola scheint sie anzukurbeln. So erhöhten Softdrinks mit Zucker bei Frauen das Risiko, eine RA zu entwickeln. In der Nurses Health Study war die RA-Gefahr auch durch den Konsum von Fruktose-gesüßten Softdrinks erhöht. Wichtig beim Zuckerkonsum: der glykämische Index, also die Geschwindigkeit, in der die Kohlenhydrate abgebaut werden. Gefährlich sind Nahrungsmittel mit hohem glykämischen Index, die schnell nach der Aufnahme zu hohen Blutzuckerspiegeln führen. Omega-3-Fettsäuren wirken dagegen antiinflammatorisch und punkten nicht nur bei Herzerkrankungen, sondern ebenso bei der RA. In einer schwedischen Kohortenstudie hatten Frauen, die täglich mehr als 0,21 g Omega-3-Fettsäuren zu sich nahmen, ein um 35 % niedrigeres Risiko für die Entwicklung einer RA. Olivenöl, Sojaöl, Sardinen, Makrelen und Lachs sind besonders reich an Omega-3-Fettsäuren und sollten deshalb bei Rheumakranken regelmäßig auf dem Speiseplan auftauchen. Rotes Fleisch wird in vielerlei Hinsicht angeprangert und scheint auch das RA-Risiko zu beeinflussen, erklärte Dr. Nikiphorou. So liegt in Ländern mit niedrigem Konsum die Prävalenz der RA niedriger als in Ländern mit hohem. Unklar bleibt allerdings, ob der negative Einfluss dem Fettgehalt des Fleisches, den Nitriten, einem geringeren Konsum protektiver Nahrung oder anderen Gründen geschuldet ist. Bei Patienten mit RA und SpA sollte der Vitamin-D-Haushalt im Blick behalten werden: Niedrige Vitamin-D-Spiegel gehen Untersuchungen zufolge bei der RA mit einer höheren Krankheitsaktivität und geringeren Chancen für eine Remission einher. Bei der SpA korreliert ein Mangel nicht nur mit der Krankheitsaktivität, sondern ebenso mit dem Risiko für eine begleitende Uveitis oder chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Auch Kaffee hat einen Einfluss auf rheumatische Erkrankungen, und zwar generell eher einen ungünstigen. So ging in einer Studie der Konsum von mindestens vier Tassen Kaffee pro Tag mit einem relativen Risiko von 2,2 für eine seropositive RA einher. Eine weitere Untersuchung unterstrich das Ergebnis: Kaffee war unabhängig vom Koffeingehalt ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für eine RA verbunden. Dr. Nikiphorou riet deshalb, den Kaffeekonsum moderat zu halten und auf grünen Tee oder Kakao umzuschwenken. Denn diese beiden Getränke wirken sich eindeutig positiv auf eine RA aus: Das im grünen Tee enthaltene Epigallocatechin-Gallat (EGCG) wirkt entzündungshemmend, indem es in synovialen Fibroblasten zur Downregulation des antiapoptotischen Proteins Mcl-1 führt. Außerdem inhibiert es dort auch die IL-1-beta-induzierte Produktion von Interleukin-6. Durch Unterdrückung von MMP-1, -2 und -3 scheint EGCG zudem vor Knochen- und Knorpeldestruktion zu schützen. Kakao wiederum reduziert Autoantikörper und proinflammatorische Zytokine und erhöht den Spiegel antiinflammatorischer Zytokine.

Magenverkleinerung bessert Arthritis deutlich

Adipositas gilt als wichtiger Trigger für die Inflammation und damit auch für die Aktivität rheumatischer Erkrankungen. In einer Studie aus dem Jahr 2018 zeigte sich: Je höher der BMI, desto höher die Krankheitsaktivität, gemessen am DAS28. Gewichtsverlust ist also ein Ziel, das sich auszahlt. Das bestätigen Untersuchungen nach Adipositaschirurgie: Nach bariatrischer Operation erreichten in einer Studie von 2020 signifikant mehr RA-Patienten einen ACR20, -50 oder -70. Dr. Nikiphorou zufolge führen Gewichtsverlust und Bewegung über Einflüsse auf Immunsystem, Fettgewebe und Leber dazu, dass letztendlich weniger pro-inflammatorische Mediatoren produziert werden und sich die rheumatische Krankheitsaktivität verringert. Für Patienten mit Psoriasisarthritis scheint intermittierendes Fasten eine gute Idee zu sein. So verringerte sich in einer Studie von 2019 durch das Fasten die Aktivität der Erkrankung, gemessen an diversen Scores (DAPSA, BASDAI, LEI, DSS). Und das sogar unabhängig vom Gewichtsverlust, berichtete die Ärztin. In die gleiche Richtung weist die vegane Ernährung: RA-Kranke scheinen mehreren Studien zufolge davon zu profitieren. Unter anderem reduzierte eine vegane Diät Beschwerden, Gelenkindex, morgendliche Gelenksteife und ESR. Nach dem Fasten verbesserte diese Kost in einer anderen Studie langfristig RA-bedingte Gelenkschmerzen und -schwellungen, CRP und ESR im Vergleich zur omnivoren Folgeernährung. Wer auf Fleisch und Milch nicht verzichten will, ist auch als Rheumatiker gut mit der Mittelmeerdiät bedient. Dr. Nikiphorou stellte zwei Studien vor, in denen ihr Einfluss auf die Inflammation bei RA geprüft worden war. In einer davon berichteten die Patienten von einer Besserung ihrer Schmerzen, in der anderen sanken zusätzlich das CRP und die Krankheitsaktivität, gemessen mit dem DAS28.

Quelle: EULAR* 2021 Virtual Congress

* European Alliance of Associations for Rheumatology