Anzeige

Was Sie zu Reiseimpfungen wissen müssen

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Gut geimpft auf große Fahrt. Gut geimpft auf große Fahrt. © iStock/hyejin kang
Anzeige

Obwohl momentan eine Fernreise nach der anderen ins Wasser fällt, planen bestimmt schon viele ihren Urlaub für die Post-Corona-Phase. Nutzen Sie die Zeit, um Ihr Wissen über wichtige Reiseimpfungen aufzufrischen.

Ein Muss für Senioren ist die Grippeimpfung. Wichtig in dieser Patientengruppe ist auch die Prophylaxe gegen die Pneumokokkenpneumonie – zumal die Antibiotikaresistenzen gegen die Erreger weltweit zunehmen. Deshalb sollten alle ab 60 Jahre mit der 23-valenten Pneumokokkenvakzine (PPSV23) geschützt werden. Je nach Grundkrankheit können die Patienten auch von einer sequenziellen Impfung profitieren: erst mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff (PCV13), sechs bis zwölf Monate später mit PPSV23. Außerdem raten die Autoren um Dr. Kerstin Kling vom Berliner Robert Koch-Institut, auch Ältere bei entsprechendem Reiseziel gegen Gelbfieber zu wappnen.

Vorsicht bei neurologischen Erkrankungen

Eine weitere große Reisegruppe sind die Kinder. Selbstverständlich sein sollte der altersgerechte Impfschutz nach den gängigen Empfehlungen der STIKO. Die Gelbfieberimpfung wird aufgrund möglicher Komplikationen erst ab einem Lebensalter von neun Monaten empfohlen, was die meisten Länder mit Impfpflicht bei der Einreise akzeptieren. Zu anderen Lebendimpfungen wie denen gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (MMR/V) sollte ein Abstand von mindestens vier Wochen eingehalten werden.

Da Kinder das Hepatitis-A-Virus lange ausscheiden und so Krankheitsausbrüche in ihren Heimatländern fördern können, kann eine Schutzimpfung gegen diese Infektion sinnvoll sein. Vor Typhus lassen sich Kinder ab zwei Jahren mit der Polysaccharidvakzine bewahren, die orale Immunisierung ist erst ab dem sechsten Lebensjahr möglich. Vor allem bei engem Kontakt zu Einheimischen am Reiseziel kann sich eine erweiterte Meningokokkenimpfung bei Kindern lohnen. Auch die präexpositionelle Tollwutimpfung sollte bei Reisen in Endemiegebiete erwogen werden.

Riskanter Verwandtenbesuch

Eine besonders gefährdete Gruppe sind Migranten, die Freunde und Verwandte in ihrem Herkunftsland besuchen. Gegen Hepatitis A haben die Erwachsenen unter ihnen mitunter schon Antikörper, in Deutschland geborene Kinder sollten unbedingt geimpft werden. Gegen Typhus wird die Vakzination schon bei Kurzreisen empfohlen, vor allem bei Zielen auf dem indischen Subkontinent. Die Tollwut gefährdet in erster Linie Kinder, da sie häufiger engen Kontakt zu Tieren haben. Sie sollten deshalb präexpositionell geimpft werden.

Schwangere und Stillende sind besonders anfällig für reiseassoziierte Erkrankungen. Bei ihnen muss man etwa bei Hepatitis A, Typhus, Poliomyelitis und Influenza mit einem besonders schweren Verlauf rechnen. Gleichzeitig dürfen die Vakzine nicht dem ungeborenen oder gestillten Kind schaden. Totimpfstoffe sind diesbezüglich unproblematisch. Entsprechend wird die Grippeimpfung empfohlen. Auch der Schutz vor Tetanus, Diphtherie und/oder Poliomyelitis (Td-IPV) darf aufgefrischt werden. Den Lebendimpfstoff gegen Gelbfieber sollten Schwangere wegen des Abortrisikos nur bei klarer Indikation erhalten, Stillende bekommen ihn gar nicht. Denn das Impfvirus kann beim Säugling eine Meningoenzephalitis auslösen. Bei Typhus bietet der Polysaccharidtotimpfstoff eine Alternative zur Schluckimpfung. Für Diabetiker gelten im Prinzip die gleichen Empfehlungen wie für Stoffwechselgesunde. Sie sollten jedoch zusätzlich vor Influenza- und Pneumokokkeninfektionen geschützt werden. Eine deutlich erhöhte Infektanfälligkeit zeigen Patienten mit chronischer Virushepatitis oder fortgeschrittener Leberzirrhose. Sie sollten frühzeitig geimpft werden, da die Vakzinen im Krankheitsverlauf ihre Wirksamkeit verlieren. Sämtliche Reiseimpfungen können auch Leberkranken verabreicht werden. Besonders wichtig bei ihnen ist der Schutz vor Hepatitis A. Auch chronisch Nierenkranken werden die gängigen Reiseimpfungen empfohlen. Zusätzlich sollten diese Patienten gegen die saisonale Influenza und sequenziell gegen eine Pneumokokkeninfektion geimpft werden. Besonderes gilt für Patienten mit neurologischen Erkrankungen. So ist die Gelbfieberimpfung bei Multipler Sklerose zwar grundsätzlich erlaubt, sie ist aber kontraindiziert unter immunsuppressiver Therapie. Patienten mit Myasthenia gravis und Thymom dürfen nicht gegen Gelbfieber geimpft werden. Beim Guillain- Barré-Syndrom ist ein Zusammenhang zwischen Manifestation und modernen Impfstoffen bisher nicht belegt. Sicherheitshalber raten die Autoren aber, auf solche Impfungen zu verzichten, in deren zeitlichem Zusammenhang es zum Auftreten des Syndroms oder zu einer Exazerbation gekommen ist.

Patienten gegebenenfalls ein Exemption Certificate geben

Bei Immundefizienz dürfen Kurzimpfschemata, wie sie etwa für Tollwut, Japanische Enzephalitis oder FSME in Gebrauch sind, nicht angewandt werden. Lebendvakzine kommen nur infrage, wenn die natürliche Infektion ein wesentlich höheres Risiko birgt als die Immunisierung. Reiseimpfungen mit Totvakzinen sind dagegen unbedenklich, wirken aber nicht immer ausreichend. Für Typhus und Cholera stehen Totimpfstoffe zur Verfügung. Beim Schutz gegen Gelbfieber müssen Nutzen und Risiko sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Im Fall einer Immunsuppression ist die Impfung kontraindiziert. Falls ein Land den Nachweis der Immunisierung verlangt, obwohl der Patient dort keine Endemieregion besucht, kann der Arzt mit dem sogenannten Exemption Certificate eine Bescheinigung für die Grenzbehörden ausstellen. Man sollte dem Patienten von Reisen in Gebiete mit anhaltender Transmission abraten, wenn die Schutzimpfung nicht möglich ist.

Quelle: Kling K et al. Bundesgesundheitsblatt 2020; 63: 85-92; DOI: 10.1007/s00103-019-03067-w