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HIV Wenn Herz und Gefäße viral gehen

Autor: Dr. Andrea Wülker

Hier vermehren sich HI-Viren mithilfe eines Lymphozyten. Antivirale Medikamente können das verhindern. Hier vermehren sich HI-Viren mithilfe eines Lymphozyten. Antivirale Medikamente können das verhindern. © CDC/C Goldsmith, P Feorino, EL Palmer, WR McManus
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Die zügige Virussuppression bei HIV-Infizierten ist das Hauptziel der Therapie. Sie hilft aber nicht nur, das Fortschreiten der Infektion zu unterbinden, sondern schützt auch das Herz.

Wer mit einer HIV-Infektion lebt, hat ein größeres Risiko für einen plötzlichen Herztod als Personen ohne HIV. Zu diesem Ergebnis kommt das Forscherteam um Dr. Matthew Freiberg von der Vanderbilt University School of Medicine in Nashville, Tennessee. Die Kollegen untersuchten mehr als 144.000 Teilnehmer der Veterans Aging Cohort Study, von denen 30 % mit HIV infiziert waren. Sie wollten herausfinden, ob eine HIV-Infektion, bzw. spezifischer die CD4-Zellzahlen und/oder die HIV-Viruslast mit dem Risiko für einen plötzlichen Herztod assoziiert sind.

Während der medianen Nachbeobachtungszeit von neun Jahren starben 3.035 Teilnehmer an einem plötzlichen Herztod, wobei das Risiko bei HIV-Infizierten gegenüber Nicht-Infizierten um 14 % höher lag (Hazard Ratio 1,14). Betrachtete man die weiteren HIV-Parameter genauer, stieg die Hazard Ratio bei Infizierten mit einer CD4-Zellzahl unter 200 Zellen/mm3 oder mit einer Viruslast von mehr als 500 Kopien/ml erheblich an (HR 1,57 bzw. 1,70). Dagegen wiesen HIV-Positive mit CD4-Zellzahlen über 500 Zellen/mm3 oder mit einer Viruslast von weniger als 500 Kopien/ml kein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod auf.

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, wie wichtig die Virussuppression und die Behandlung kardialer Risikofaktoren bei Menschen sind, die mit einer HIV-Infektion leben. Ärzte sollten im Blick behalten, dass HIV-Patienten mit einer anhaltenden Virämie oder niedrigen CD4-Zellzahlen ein erhöhtes Herztod-Risiko aufweisen.

Eine gute Therapietreue zur antiretroviralen Medikation und die leitlinienkonforme Behandlung kardiovaskulärer Risikofaktoren scheint insbesondere in dieser Gruppe überlebenswichtig. Pro zusätzlichem Risikofaktor stieg das Risiko der infizierten Veteranen um 49 %. Um plötzliche Herztodesfälle bei HIV-Patienten in Zukunft verhindern zu können, muss man erst die zugrunde liegenden Mechanismen besser verstehen (s. Kasten). 

Auf Ursachensuche

Im Vergleich zu Menschen ohne die chronische Infektion erleiden HIV-Infizierte öfter einen akuten Herzinfarkt oder einen ischämischen Schlaganfall. Auch Herzinsuffizienz, pulmonale Hypertonie oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit kommen bei ihnen häufiger vor. Ursache hierfür sind wahrscheinlich einerseits HIV-spezifische Faktoren wie chronische Immunaktivierung und Inflammation sowie Dyslipidämie im Zusammenhang mit der antiretroviralen Therapie und andererseits risikobehaftete Verhaltensweisen wie Rauchen und Alkoholkonsum.

Quelle: Freiberg MS et al. J Am Heart Assoc 2021; DOI: 10.1161/JAHA.121.021268