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Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Wichtiges zu Infektionen bei Patienten unter Biologikatherapie

Autor: Kathrin Strobel

Bei CED-Patienten kann es unter einer Anti-TNF-α-Behandlung auch zum Ausbruch einer Tuberkulose kommen. Bei CED-Patienten kann es unter einer Anti-TNF-α-Behandlung auch zum Ausbruch einer Tuberkulose kommen. © iStock/mi-viri
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Entwickelt ein CED-Patient Fieber, kann das auf einen erneuten Schub hinweisen – oder auf eine Infektion. Ein Arzt erklärt, worauf es zu achten gilt.

Die Inzidenzen und Prävalenzen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) steigen. Daher wird es in Zukunft immer mehr Menschen geben, die mit Biologika behandelt werden, prophezeite der in Leipzig niedergelassene Gastroenterologe Professor Dr. Niels­ Teich­. Zudem handele es sich um Erkrankungen, die einer langfristigen Behandlung bedürfen. Kommt es im Therapieverlauf zu weiteren Erkrankungen, ist nicht immer klar, inwieweit sie mit der Medikation zusammenhängen und zu welchem Teil sie altersbedingt sind. So steigt z.B. das Risiko opportunistischer Infektionen alle fünf Jahre relativ um 10 %.

Prinzipiell können auch Biologika „alte Wunden aufbrechen“ lassen. Der Arzt berichtete von einem 63-Jährigen, bei dem nach einer Anti-TNF-α-Behandlung trotz unauffälliger Vorbefunde eine Miliar-Tbc diagnostiziert wurde. Im Gespräch stellte sich heraus, dass der Mann 60 Jahre zuvor eventuell mit Tbc in Berührung gekommen war.

Gemäß CU-Leitlinie sollte bei der Erstdiagnose bzw. spätestens vor Beginn einer Therapie mit Immunsuppressiva ein Infektionsscreening durchgeführt werden. Es beinhaltet neben dem Test auf Tbc auch Untersuchungen auf Hepatitis B und EBV. Laut Prof. Teich ersetzt das Labor allerdings eine gute Anamnese nicht. Er empfiehlt, Patienten direkt zu fragen: „Gab es in Ihrem Leben schon einmal das Wort Tuberkulose?“ Lautet die Antwort „ja“, solle man hellhörig werden. Und Vorsicht: Die typischen Symptome einer Tuberkulose (Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiß) können durch Anti-TNF-α-Antikörper verschleiert werden. Und natürlich kommt es unter Biologikatherapie nicht nur zur Reaktivierung von ggf. schlummernden Infektionen, auch Neuinfektionen sind möglich.

Unschuldiger Mitbewohner oder Schlüsselpathogen?

Einen weiteren Erreger, den man auf dem Schirm haben sollte, ist CMV. Dabei gilt es, individuell abzuschätzen, ob das Virus lediglich unschuldig das Kolonepithels mitbewohnt – oder als Schlüsselpathogen einer CU agiert. Die wesentlichen Verlaufsformen sind:

  • intestinale CMV-Infektion ohne lokale oder systemische Symptome
  • systemische CMV-Erkrankung ohne Darmbefall (mit Leukopenie und Fieber)
  • systemische CMV-Erkrankung mit Darmbefall (mit u.a. Leukopenie, Fieber, Gewichtsverlust, Diarrhö)

Etwa ein Drittel aller steroidrefraktärer Colitis-ulcerosa-Patienten sind CMV-Träger. Die klinische Symptomatik bessert sich häufig allein durch Immunsuppressiva. Daher heißt es in der Leitlinie, dass sich die Therapieindikation bei CMV-Nachweis aus dem klinischen Kontext ergeben kann und der alleinige Virusnachweis keine Behandlung begründet.

Immunsuppression muss nicht immer gestoppt werden

Bei klinisch schwerem Verlauf einer CMV-Krankheit sollte man die Immunsuppression pausieren. Kommt es lediglich zu intestinalen Beschwerden im Rahmen eines CU-Schubs, kann die Therapie weitergehen bzw. modifiziert fortgeführt werden.

Ob CMV im Körper ist oder nicht, beeinflusst evtl. den Erfolg einer CED-Behandlung. In einer Studie sprachen 83 % der Patienten mit durchgehend negativem CMV-Test auf Infliximab an. Unter denjenigen mit positiver CMV-PCR lag die Rate bei lediglich 50 % – trotz erfolgreicher antiviraler Therapie. Sprach die Anti-CMV-Therapie nicht an, verringerte sich die Erfolgsrate auf 33 %.

Auch das Herpes-Zoster-Risiko ist bei CED-Patienten erhöht – und zwar unabhängig von der Therapie um mehr als 50 %. Eine Anti-TNF-Behandlung steigert die Wahrscheinlichkeit zusätzlich. Das Risiko einer Infektion mit Clostridioides difficile wird durch eine aktuelle Biologikatherapie eher nicht beeinflusst, erklärte Prof. Teich.

Kongressbericht: Viszeralmedizin 2021