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250 Fortbildungspunkte? Der „Showdown“ läuft!

Autor: Dr. Frauke Höllering

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Glücklich kann sich schätzen, wer seine Fortbildungspunkte rechtzeitig gesammelt hat. Doch auf dem Weg zum Zertifikat kann noch einiges passieren, wie MT-Kolumnistin Dr. Frauke Hölelring weiß.

Punkte sind im Medizinerleben dann mit schlechten Gefühlen verbunden, wenn es sich um Windpocken, Masern oder maligne Melanome handelt. Eine andere Art von Punkten aber ist heiß begehrt und führt zu einem Sammlertrieb, über den selbst unsere sammelnden Ur-Mütter wahrscheinlich verständnislos den Kopf geschüttelt hätten: Fortbildungspunkte.


Man rafft möglichst viele Punkte und klebt Etiketten – am PC und im realen Leben ergattert man, was das Zeug hält. Der Stichtag im Juni rückt für uns Ärzte nun näher, er hängt wie ein Damokles-Schwert über der Ärzteschaft: Wird man bis dahin die notwendigen Punkte zusammen haben? Fieberhaft werden Testate gesichtet und Summen addiert. „Hilfe, das reicht nicht!“, ist die Erkenntnis, die nicht wenige von uns erschüttert gewinnen. Was tun?


„Ich fahre nach Borkum, da kann ich einen ganzen Schwung an Punkten auf einmal erwerben!“, ist eine attraktive Lösung, die manche gefunden haben. Ich war noch nie auf Borkum … Das Programm sieht vielversprechend aus, Lust hätte ich auch. Aber die Vorstellung, an meiner geliebten Nordsee arbeiten zu müssen, statt im Strandkorb zu lümmeln, widerstrebt mir doch zu sehr. Ich bin aber auch in der glücklichen Lage, meine Punkte beisammen zu haben.

»Man rafft möglichst viele Punkte und klebt Etiketten«

„Falls Sie schon alles komplett haben, dann schicken Sie uns bitte Ihren Antrag schon jetzt!“, erreichte mich im letzten Sommer ein Aufruf der Ärztekammer. „Es wird sehr schwer, wenn alle Anträge gleichzeitig eintreffen und bearbeitet werden müssen.“ Den Rest dieses Schreibens interpretierte ich so, dass mein Zertifikat dennoch bis zum Juni 2019 gelten würde, und reichte meine Unterlagen ein. Bald hielt ich mein Zertifikat in den Händen: Gültig bis Sommer 2018 – schließlich hatte ich es schon 2013 beantragt.


„Ich habe Ihnen einen Gefallen getan und mich frühzeitig gemeldet, und nun verliere ich ein ganzes Jahr?“, fragte ich ungläubig bei der Kammer nach. „Das würde für mich wahrscheinlich  bedeuten, dass ich für die letzten Monate  meiner Praxistätigkeit noch einmal Punkte sammeln müsste! Ich plane nämlich, zum Ende 2023 die Kassenarzttätigkeit aufzugeben!“


Man hatte Verständnis. „Vernichten Sie das Zertifikat und beantragen Sie 2014 ein neues“, hatte man mir geantwortet. Das tat ich und hoffe nun, dass ich die freundlicherweise bereits zurückgesandten Unterlagen nicht noch einmal hinschicken muss. Ach ja, die Unterlagen: Sollte man sie nicht kopieren, bevor man dieses kostbare Gut auf den gefährlichen Postweg schickt? Was, wenn der Umschlag verloren geht, und damit jeglicher Hinweis darauf, wie brav man sich um sein Punktekonto bemüht hat? Damals hatte ich sie nicht kopiert, naiv in den Briefkas­ten gesteckt und dann tagelang Blut und Wasser geschwitzt, bis deren Eingang von der Ärztekammer bestätigt wurde. Nie wieder werde ich so leichtsinnig sein!

»Der Stichtag im Juni rückt für uns Ärzte nun näher«

Im Juni aber ist es nun so weit. Dann ist dieser herrliche Zustand „Ich habe ja alle Punkte, muss gar nichts außer den DMP- und Akupunktur-Zwangsfortbildungen machen“ leider wieder vorbei. Dann werde ich wieder in langen Vorträgen sitzen, die mich langweilen, weil man den geringen Teil wichtiger Informationen in der Hälfte der Zeit lässig hätte vermitteln können, oder ich werde am Rechner über CME-Fragebogen brüten, die wenigstens schnelleren Erfolg versprechen. Ich werde mich mit öden Themen beschäftigen, weil sie in der Nähe abgehandelt und mit reichlich Punkten bedacht werden, und mich fragen, was meine Patientinnen und Patienten davon haben, wenn ich Praxisführungsseminare mit Fortbildungspunkten honoriert bekomme.


Mein Essen werde ich zwar weiterhin an solchen Abenden nicht selbst bezahlen. Aber ich werde es oft genug ausfallen lassen, weil ein üppiges Mahl gegen 22 Uhr das Schlimmste ist, was ich meinen chronischen Diätbemühungen entgegen setzen kann. Ich werde, wenn ich Glück habe, mit ein paar netten Kollegen plaudern, wenn ich Pech habe, die Minuten bis zum Ende der Fortbildung zählen und heimlich auf meinen Facebook-Account schielen oder Quizduell spielen. Ich werde mich fragen, wann endlich unfähige Handwerker zu Fortbildungen verpflichtet werden, oder wann unser Punkte-Terror ein Ende nehmen wird. Jetzt aber setze ich mich genüsslich mit meinem Kaffee in den Garten. Ich habe ja alle Punkte … Noch einen kostbaren Monat lang!

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