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32 Medikamente jeden Tag? ARMIN soll's verhindern!

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

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Viele Köche verderben den Brei, sagt ein Sprichwort. Bei ARMIN, der Arzneimittelinitiative aus Sachsen und Thüringen, scheint das nicht der Fall zu sein. 2014 gestartet, brachten die Player zum 1. Juli ihr drittes Kind an den Start: das Medikationsmanagement.

Die Arzneimittelinitiative (ARMIN) ist ein Modellprojekt der AOK Plus, der KVen Sachsen und Thüringen sowie des Sächsischen und Thüringer Apothekerverbandes. Das Medikationsmanagement ist das dritte Modul nach der Wirkstoffverordnung (noch nicht flächendeckend) und einem Medikationskatalog mit 171 Monosubstanzen und 17 Wirkstoffkombinationen. Das Medikationsmanagement steht Versicherten zur Verfügung, die dauerhaft mehr als fünf verordnete Arzneimittel einnehmen; es wird als "Herzstück" des ARMIN-Projekts angesehen.

Dr. Heckemann: Wir haben Pionierarbeit geleistet

Vertreter der beteiligten Organisationen sowie die Gesundheitsministerinnen Barbara Klebsch (Sachsen) und Heike Werner (Thüringen) äußerten sich gegenüber Journalisten zufrieden über die Kooperation, die in dem von Sektorendenken geprägten Gesundheitswesen durchaus nicht Usus sei.

"Zwei Heilberufler unterschiedlicher Profession können auf elektronischem Wege unter Beachtung des Datenschutzes sensible Patientendaten austauschen. Arzt und Apotheker sind miteinander vernetzt und arbeiten über einen Server gemeinsam an den elektronischen Medikationsplänen ihrer Patienten", erklärte der Vorstandsvorsitzende der sächsischen KV, Hausarzt Dr. Klaus Heckemann.

Er hob die bundesweite Vorbildwirkung hervor. Das mithilfe einer vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Studie entwickelte Layout des Medikationsplanes bilde die Grundlage für den Medikationsplan, der laut eHealth-Gesetz ab Oktober Patienten auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden soll. "Wir haben Pionierarbeit geleistet", so Dr. Heckemann.

Sowohl Hausarzt als auch Hausapotheker können einen AOK-Versicherten für die Einschreibung ins Medikationsmanagement werben. Erklärt sich der Versicherte bereit, erstellt der Apotheker den Grundstock für den Medikationsplan. Die AOK liefert hierfür die Arzneimittelabrechnungsdaten der letzten sechs Monate.

Auch der Hausarzt hat Zugriff auf den Medikationsplan

Auf den Plan hat auch der Hausarzt Zugriff. Er kann "die Liste überprüfen und überarbeiten, sie aktualisieren, Wirkstoffe durch andere ersetzen, die mit den übrigen besser zusammengehen, Unnützes streichen, Notwendiges ergänzen – oder auch, wenn alles in Ordnung ist, es dabei belassen", sagte die Thüringer KV-Chefin Dr. Annette Rommel, auch Hausärztin.

Allerdings kämen bei zehn Medikamenten durchaus zehn Minuten für die Bearbeitung des Medikationsplanes zusammen. Ärzte können dem Patienten einen vorläufigen Medikationsplan in der Praxis ausdrucken. Den endgültigen Plan gibt der Apotheker mit den Medikamenten aus.

Angestrebt wird, dass neben den von Hausarzt und Fachärzten verordneten Arzneien auch frei verkäufliche Präparate in der Liste aufgeführt werden. Gesetzt wird hier auf Vertrauen: Der Patient soll angeben, was er außerhalb von ARMIN an Medikamenten kauft oder z.B. während eines Urlaubs verordnet bekommen hat.

Das System, das mit der Praxisverwaltungs- bzw. Apothekenverwaltungssoftware verknüpft ist, prüft die Arzneitherapiesicherheit und informiert z.B. über kritische Wechselwirkungen. Zurzeit beteiligen sich in Sachsen und Thüringen rund 1500 Hausärzte und Apotheker am Medikationsmanagement.

300.000 AOK-Versicherte können profitieren

Laut AOK-Vorstand Rainer Striebel richtet sich das Medikationsma­nagement an jene rund 300.000 chronisch kranken Versicherten der Kasse, die dauerhaft mindestens fünf Arzneimittel einnehmen und älter als 18 Jahre sind. Den Journalisten gab er ein Beispiel. "Stellen Sie sich bitte mal Folgendes vor: Auf Ihrem Tisch liegen 32 verschiedene Medikamente: Tabletten, Kapseln, Inhalatoren, Sprays, mehrere Tropfflaschen. Diese verwenden Sie Tag für Tag.
Unvorstellbar? Für manche Versicherte nicht."

Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes, wies auf Besonderheiten des Medikationsplans hin. Er sei "nicht einfach nur eine Liste", sondern er lasse sich auch nach Dauermedikation, Indikation oder Selbstmedikation sortieren. Außerdem seien Informationen des Apothekers an den Arzt möglich wie der Hinweis, die Kaliumwerte beim Patienten zu kontrollieren. Er ist sich sicher: "Der Patient wird nachhaltig profitieren."

Die AOK hat drei Mio. Euro in den Aufbau des Systems investiert. Teilnehmende Hausärzte und Hausapotheker erhalten pro Erstberatung des Patienten jeweils 97,30 Euro sowie 22 Euro in den Folgequartalen. Ab Januar 2017 können sich bei Interesse weitere Krankenkassen dem ARMIN-Medikationsmanagement anschließen.


Quelle: ARMIN-Pressekonferenz

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