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Aggressive Patienten: Welche Erfahrungen haben Kollegen gemacht?

Autor: Anke Thomas, Foto: thinkstock

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Studien im In- und Ausland haben offenbart, dass Hausärzte in der Sprechstunde oder auf Hausbesuchen nicht selten mit Aggressionen oder gar Gewalt konfrontiert werden.

Wir haben Leser gefragt: Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Und haben Sie Maßnahmen getroffen, um sich zu schützen?



Diana Meichel, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Serres:
Ich habe durchweg positive Erfahrungen mit meinen Patienten. In meiner eigenen Praxis habe ich noch nie Gewalterfahrungen gemacht. Ich bin allerdings selbst stets freundlich und positiv gestimmt, was sich auf die Patienten überträgt.

Ich wurde schon öfter dafür gelobt, wie ruhig es bei mir zugeht; kein lautes Wort. Ich verfahre nach dem bekannten System: Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück.Ganz andere Erfahrungen habe ich bei Vertretungen oder in der Notfallpraxis gemacht. Da haben wir aber auch bekanntlich öfter Betrunkene oder psychisch auffällige Patienten, die gar in polizeilicher Begleitung erscheinen.
Ansonsten reagieren wir zunächst freundlich, aber selbstsicher und verweisen den Patienten der Praxis. Sollte er nicht Folge leisten, rufen wir die Polizei. Es wird in der Akte ein Warnhinweis vermerkt für folgende Diensthabende.

Ich denke nicht, dass man sich vor solchen Akutsituationen mit Maßnahmen wappnen kann.


Dr. Richard Barabasch, Facharzt für Allgemeinmedizin, Pommersfelden:
Mit nicht wenig Verwunderung habe ich in den vergangenen Tagen von der Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte gelesen. Ich frage mich: Was geht dann da ab?

Mein Erleben ist eher (seit Oktober 1972 und immer noch in haus­ärztlicher Vollzeit-Tätigkeit), dass ich Eier, Kuchen oder eine Flasche Wein zugesteckt bekomme, mir ein Schnäpslein angeboten wird oder mir schlichtweg mit Worten gedankt wird.

„Aggression“ erlebe ich allerdings zunehmend am Telefon, wenn kecke bis unverschämte Ansinnen von angeblichen Notfällen beziehungsweise deren Schilderung und maßlose Übertreibung meinerseits im Bereitschaftsdienst abgelehnt werden.


Dr. Karl-Heiner Nöllgen, Facharzt für Allgemeinmedizin, Flammersfeld:
Im hausärztlichen Alltag ist man immer wieder mit mehr oder weniger ausgeprägter Aggression oder Gewalt konfrontiert.

Sehr unangenehm ist mir eine Episode in Erinnerung geblieben, die sich vor einigen Jahren ereignete.
Ein psychotischer Patient sucht im Bereitschaftsdienst meine Praxis auf. Er war so aufgebracht, dass ich meine Frau bat, die Polizei einzuschalten. Es handelte sich um einen der damals noch seltenen islamischen Konvertiten. Als solcher trug er einen Turban. Um ihn abzulenken bat ich ihn, mir das Turbanbinden beizubringen, was er bereitwillig tat. Unter Polizeibegleitung wurde er dann in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen.

Ich denke, es gibt keine wirksamen Schutzvorkehrungen gegen solche Situationen. Immerhin sind heute die Bereitschaftsdienstzentralen meist an Krankenhäuser angeglie­dert, sodass man nicht mehr alleine mit der Situation konfrontiert ist. Beim Hausbesuch ist dies allerdings noch immer unbefriedigend gelöst.



Dr. Karl-Heinz Friese, Facharzt für Allgemeinmedizin, Weil der Stadt:
Im allgemeinen Bereitschaftsdienst habe ich früher viele Hausbesuche gemacht. Direkt mit Gewalt wurde ich eher selten konfrontiert. Einmal hat ein Patient in der Wohnung randaliert. Die Polizei war schon mit drei Autos da und hat den Patienten gebändigt. Ich habe nicht viel gemacht. Einmal wurde in einem dunklen Haus ein Hausbesuch angefordert. Ich habe dort niemanden  angetroffen und bin einfach wieder gegangen. Schützen kann man sich wohl am besten, indem man entsprechende Patienten schnellstmöglichst verlässt. Ich wollte es auf keine Schlägerei ankommen lassen.

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