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Aktionsbündnis Patientensicherheit: Serie unglücklicher Zufälle

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Neue Konzepte für die Patientensicherheit gesucht.
Neue Konzepte für die Patientensicherheit gesucht. © Fotolia/thingamajiggs
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Das Aktionsbündnis Patientensicherheit mahnt seit Jahren eine bessere Fehlervermeidungskultur in Einrichtungen des Gesundheitswesens an. Jetzt fasst ein „Weißbuch Patientensicherheit“ Fakten und Notwendigkeiten zusammen.

OP-Checklisten, die Aktion Saubere Hände, Fehlermeldesysteme oder ein verpflichtendes Qualitätsmanagement zeigen, dass Patientensicherheit inzwischen in vielen Gesundheitseinrichtungen, vor allem in Krankenhäusern, thematisiert und umgesetzt wird. Ausreichend ist das aber längst nicht. Denn es gibt jährlich geschätzt noch immer bis zu 800 000 vermeidbare unerwünschte Ereignisse zum Nachteil der Patienten, darunter 200 000 durch Behandlungsfehler ausgelöste Ereignisse und 20 000 Todesfälle, so Weißbuch-Autor Professor Dr. Matthias Schrappe, Universität Köln. Nach fast 15 Jahren Bestehen des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS) erscheinen deshalb dem Arzt und einstigen APS-Mitgründer „ein neues Nachdenken über die zugrunde liegenden Konzepte und den Einsatz von modernen Verfahren für anhaltende Verbesserungen“ erforderlich.

Für Krankenhauspatienten hat sich die Situation in den letzten zehn Jahren nicht geändert, heißt es im APS-Weißbuch. Allerdings habe sich durch die verfügbaren Interventionsstudien die Belastbarkeit der Daten verbessert. Studien zur vermeidbaren Mortalität ließen sogar vermuten, dass die Zahlen eher oberhalb der genannten 0,1 % liegen.

Auf über 600 Seiten beschreibt er das grundlegende Verständnis von Patientensicherheit, deren Quantifizierung sowie konkret erforderliche Maßnahmen. Er macht deutlich, dass ein Nichtauftreten unerwünschter Ereignisse nicht zwangsläufig auf eine hohe Patientensicherheit zurückzuführen ist. Auch in Einrichtungen mit temporär niedrigen Komplikationsraten könne die organisatorische Umsetzung von Sicherheit mangelhaft sein und ein Auftreten unerwünschter Ereignisse kurz bevorstehen.

Patientensicherheit ist mehr als Komplikationen vermeiden

Oft handele es sich um die „Aneinanderreihung unglücklicher Zufälle“, die zum unerwünschten Ereignis führe, erklärt er. Patientensicherheit sei deshalb mehr als die „Vermeidung bestimmter Komplikationen“. Sie müsse auch als Aufgabe von Teams, Organisationen und sogar des gesamten Gesundheitswesens verstanden werden. Die APS-Vorsitzende Hedwig François-Kettner bekräftigte u.a. die Notwendigkeit, Patienten und Angehörige stärker einzubinden. „Patienten und ihre Angehörigen müssen in die Lage versetzt werden, zu ihrer eigenen Sicherheit beitragen zu können“, sagt François-Kettner. Sie hält eine intensive Kommunikation und Anleitung für erforderlich, einschließlich verständlicher Informationen für Patienten. Nachholbedarf sieht sie auch in den Arztpraxen. Die Vorstandschefin des Ersatzkassenverbandes, Ulrike Elsner, verweist darauf, dass 90 bis 95 % aller Behandlungen im Krankenhaus ohne Zwischenfälle verlaufen. Ziel aller Akteure im Gesundheitswesen müsse jedoch sein, die Patientensicherheit im gesamten Versorgungsprozess auszubauen.

Empfehlungen für den institutionellen Einsatz

  • Experten vor Ort müssen besonders intensiv durch verpflichtende Trainingsangebote in ihrem Sicherheitsverhalten gefördert werden.
  • Hauptamtliche Patientensicherheitsbeauftragte und -fachkräfte müssen verpflichtend eingestellt werden.
  • Für die aktiv übernommene Verantwortung und Vorbildfunktion der Führung sind verpflichtende Regelungen zu treffen, z.B. Ernennung eines Chief Patient Safety Officer als Geschäftsführungsmitglied.
  • Die Verantwortung für unerwünschte Ereignisse muss gemeinsam von Experten sowie Teams vor Ort sowie Leitungsgremien getragen werden.
  • Es müssen zielgerichtete Erhebungen zur Patientensicherheitskultur eingesetzt werden.
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