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Alle Backen hinhalten – oder sich besser wehren?

Autor: Dr. Günter Gerhardt

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Dr. Günter Gerhardt berichtet über die Macht der Presse. Wie kann man sich als Mediziner zur Wehr setzen?

Wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, so wende ihm auch die andere zu. Dieser Satz aus der Bergpredigt wird mehr und mehr zum Wahlspruch der Ärzteschaft. Wie viele Backen sollen oder wollen wir noch hinhalten? Seit Jahren jagt ein Gesetz das nächste. Mit uns kann man es machen.


Nicht so mit den Journalisten. Die zeigen uns, wie man es macht: siehe den Sturm der Entrüstung über den Blog Netzpolitik.org. Auf die Frage, ob die Ermittlungen wegen Landesverrats gerechtfertigt sind, will ich hier nicht eingehen. Nur so viel: Generalbundesanwalt Harald Range und Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen haben die heilige Kuh Presse(-freiheit) angegriffen – und die hat sich gewehrt.


Bundesjustizminister Heiko Maas hat Herrn Range gefeuert. Ob sein sicherlich auch vorhandener Hintergedanke „mit der Presse darf ich es mir nicht verderben“ ihn verschont, bleibt abzuwarten. Der selbe Herr Maas hat mit breiter Brust das Antikorruptionsgesetz der Presse vorgestellt und deren Kommentar lautete: „Endlich! Diese korrupten Ärzte!“

«Die Angst, unter Generalverdacht zu geraten»

Ich erwähne dieses Beispiel, weil es uns zeigt, welche Macht die Presse (= Öffentlichkeit herstellen) hat, wie sie arbeitet und wie sie zusammenhält. Der Ablauf ist stets der gleiche: Die Presse reagiert (tendenziös) auf eine Meldung oder Vorkommnisse, die Politik wiederum reagiert darauf und bekommt dann dafür von der Presse Lob oder Tadel.


Wir dürfen mal gespannt sein, wie sich die „Affäre Köhler“, die der „Fokus“ aufgegriffen hat, weiterentwickelt. Einen kleinen Vorgeschmack gibt Prof. Lauterbach, der in dem Artikel mit den Worten zitiert wird: „Die KVen haben sich als unfähig erwiesen, die Probleme zu lösen … Nach der Sommerpause gehört das Thema auf die Tagesordnung der Koalition. Sofort.“


Dem Antikorruptionsgesetz soll die Abschaffung der KVen folgen. Der Gesetzgeber hat zwar in den Gesetzesentwurf eingefügt, dass auch die KVen Strafanträge gegen ihre Mitglieder stellen dürfen, aber auf lange Sicht geht es mal wieder gegen die lästigen KVen.


„Welt online“ stößt ins gleiche Horn mit dem Artikel „So leidet Deutschland unter dem Ärzte-Kartell“. Darin wird die Ex-Justiziarin einer KV mit dem Satz zitiert: „Ich hatte den Eindruck, dass manche Ärzte in der Mitgliederversammlung mit ihrer Meinung zurückgehalten haben, weil sie befürchteten, dann einer besonders intensiven Honorarprüfung ausgesetzt zu sein.“

«Es geht mal wieder gegen die lästigen KVen»

Um es an dieser Stelle deutlich zu betonen: Es wäre ein Fehler die KVen abzuschaffen. Eine solche Körperschaft des öffentlichen Rechts, auf Augenhöhe mit Ministerien und Krankenkassen, bekämen wir nie wieder. Eine Reform einiger Länder-KVen ist allerdings dringend notwendig, sprich eine Rückbesinnung auf die eigentlichen Aufgaben einer Kassenärztlichen VEREINIGUNG.


Es bleibt uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, gar nichts anderes übrig, als uns von den Journalisten eine kleine Scheibe abzuschneiden, also die erfolgreich begonnene Presse­arbeit in Praxen (Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Logopäden), Apotheken, Klinken, Reha-Einrichtungen etc. auszubauen. Das ist mit social media kein Problem mehr. Die Gesundheitsberufe erreichen alle Bürger!


Wenn es den „Weißen“ nicht gelingt, sich mit einer eigenen Presse zu wehren, wird als Nächstes eine neue Welle von Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdacht über uns hereinbrechen. Dies schon deshalb, weil sich der Gesetzgeber die Konkretisierungsarbeit erspart hat und sich aus Urteilen Richterrecht herausbilden muss. Es wird sich Misstrauen unter den „Weißen“ ausbreiten, sprich eine Angst, durch missliebige Kollegen in den Generalverdacht zu geraten, korrupt zu sein.


Unmöglich? Zuzeiten staatsanwaltlicher Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts, bei der Quartalsabrechnung betrogen zu haben, zeigten sich Kollegen gegenseitig an – und trafen sich dann in der Untersuchungshaft wieder.


Jeder kann Anzeige erstatten – beispielsweise die Kassen oder KVen aus der Motivation heraus, Abrechnungskonflikte zu lösen, indem sie über die Einsicht in die Ermittlungsakten an sonst unzugängliche Informationen kommen, oder einfach nur, um einzuschüchtern. Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeit: Das Gesetz wird unseren Nachwuchs abschrecken und von einer Niederlassung abhalten.

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