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Arzneimittelkommission lässt an Anwendungsbeobachtungen kein gutes Haar

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Die AkdÄ bezeichnet Anwendungsbeobachtungen als „Marketingmaßnahmen mit geringem wissenschaft­lichem Anspruch“. Die AkdÄ bezeichnet Anwendungsbeobachtungen als „Marketingmaßnahmen mit geringem wissenschaft­lichem Anspruch“. © fotomek – stock.adobe.com
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Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft rät Kollegen, an keinen Anwendungsbeobachtungen mehr teilzunehmen. Die wissenschaftliche Qualität der meisten dieser nicht-interventionellen Studien sei schlecht.

Anwendungsbeobachtungen (AWB) stehen schon seit Längerem in der Kritik. Ärzten und Pharmaunternehmen wird eine unlautere Zusammenarbeit zum eigenen Vorteil unterstellt. Das Antikorruptionsgesetz, welches Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen zum Straftatbestand für alle Heilberufe machte, hat schon zu mehr Zurückhaltung bei AWB geführt.

Die pharmazeutischen Unternehmen haben sich Qualitätsstandards und Transparenzrichtlinien auferlegt. AWB seien ein unverzichtbares Instrument für die Arzneimittelforschung, hebt der Verband forschender Arzneimittelhersteller hervor. Für alle diese nicht-interventionellen Studien würden strenge Regeln gelten, damit sie nicht in Misskredit gerieten.

Jetzt legt die Arzneimittelkommission der Ärzte (AkdÄ), ein wissenschaftlicher Fachausschuss der Bundesärztekammer, den Kollegen jedoch nahe, an keinen Anwendungsbeobachtungen mehr teilzunehmen. In einer im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlichten Stellungnahme heißt es, AWB würden von pharmazeutischen Herstellern als unverzichtbares Instrument für die Arzneimittelforschung beschrieben.

Kritik am Studiendesign, Zweifel an Ergebnissen

Untersuchungen zeigten jedoch, „dass sich hinter AWB oftmals Marketingmaßnahmen mit geringem wissenschaftlichem Anspruch verbergen“. Die wissenschaftliche Qualität der meisten AWB hält die Kommission für schlecht, z.B. weil Fragestellungen untersucht würden, die nicht mit dem Design einer AWB zu beantworten seien.

Außerdem würden nur von wenigen AWB die Ergebnisse publiziert. Die Stichprobengröße in den Studien sei häufig auch zu klein, um seltene Nebenwirkungen zu entdecken. „Teilnehmende Ärzte müssen dem pharmazeutischen Unternehmer häufig Vertraulichkeit über alle Daten zusichern“, bemängelt die AkdÄ. Dadurch entstehe die Gefahr, dass für den pharmazeutischen Unternehmer ungünstige Ergebnisse verheimlicht würden.

Die Kritik der Kommission ist umfänglich: AWB könnten die relevanten Fragen nicht beantworten, die nach der Zulassung eines Arzneimittels offenbleiben, beispielsweise zum Nutzen und Schaden im Vergleich mit anderen Arzneimitteln (sog. Head-to-Head-Studien) oder zur Arzneimittelsicherheit. In der Regel beantworteten AWB aber auch nicht die Fragen, die sie beantworten könnten, etwa zur Adhärenz der Patienten, zur Durchführung notwendiger Kontrolluntersuchungen oder zur Anwendung des Arzneimittels außerhalb der Zulassung.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hatte bereits 2016 zur Vorsicht geraten bei AWB

  • mit ungewöhnlich hohen Teilnehmerzahlen,
  • mit ungewöhnlich hohen Vergütungen,
  • zu längst eingeführten, gut erprobten Produkten
  • und bei mehreren unterschiedlichen, einander sehr ähnlichen AWB zum selben Produkt.

Der GKV-Spitzenverband hat im Februar nochmals darauf hingewiesen, dass laut Arzneimittelgesetz spätestens zu Beginn einer AWB / nicht-interventionellen Unbedenklichkeitsprüfung eine Liste der teilnehmenden Ärzte bzw. Prüfzentren an die Kassenspitze zu übermitteln sei.

Ebenso sei der Aufwand für die beteiligten Ärzte darzustellen und die Angemessenheit der Entschädigung zu begründen. Erbringen beteiligte Mediziner Leistungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung, muss auch über die Art und Höhe der Entschädigungen informiert und eine Ausfertigung der geschlossenen Verträge übermittelt werden.

Medical-Tribune-Bericht

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