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Bedarfsplanung: Ringelpietz mit Ärzten

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Stimmt noch die Arzt-Einwohner-Relation? Stimmt noch die Arzt-Einwohner-Relation? © Fotolia/Christian Schwier
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Die Bedarfsplanung für Ärzte auf Bundes-, Landes- und regio­naler Ebene ist Alltag. Dennoch führt das nicht dazu, dass alle Menschen zeitnah einen Arzt erreichen. „Wir nehmen keine Patienten mehr an“ oder „Wir haben keine Termine frei“ ist oft zu hören. Finden Selbstverwaltung und Politik nun eine Lösung?

Es fehlen Ärzte selbst dort, wo laut Bedarfsplanung in einzelnen Fachgebieten Überversorgung besteht. Dr. Stephan Hofmeister, Vorstandsvize der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, gibt folgendes Beispiel: In fast allen Ballungsräumen bestehe numerisch eine Überversorgung an Kinderärzten. Immer mehr Fachpädiater wie Kindernephrologen, -infektiologen und -häpathologen seien verfügbar. Eltern fänden aber oft keinen Allgemeinpädiater mehr. „Das ist die Entwicklung der Medizin, aber das bedeutet auch: Wir brauchen eine viel höhere Zahl an Ärzten.“ In Hamburg z.B. liege bei Kinderärzten der Versorgungsgrad nominell bei 140 %, es seien aber gerade acht Sonderbedarfszulassungen hinzugekommen, „weil sie nötig waren“.

Bei der Förderung werden alle Register gezogen

Dabei mühen sich die KVen redlich, Versorgungslücken zu füllen, sagt Dr. Berhard Gibis vom KBV-Dezernat Sicherstellung und Versorgungsstruktur. Es werde versucht, Ärzte mit Zuschüssen von bis zu 130 000 Euro in Gemeinden zu locken, wo schon vor Jahren die Landflucht begann. Punktwerte werden in Schwerpunktregionen gestützt, die Mengenbegrenzung wird aufgehoben, es gibt ein Förderprogramm zur Aus- und Weiterbildung usw.

Das im Koalitionsvertrag formulierte Ansinnen, Arztsitze kleinräumiger, bedarfsgerechter und flexibler zu verteilen, reicht der KBV-Spitze nicht. „Wir können schließlich nur das an Ärzten gewinnen, was auch über die Studienzahl abgedeckt ist“, so Dr. Hofmeister.

Zahl der Studierenden limitiert die Nachwuchsgewinnung

Der Gesetzgeber hat bereits 2015 mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz den Gemeinsamen Bundesausschuss beauftragt, die Bedarfsplanung neu auszurichten. Ein vom G-BA bestelltes Gutachten soll demnächst vorliegen. Danach wird es im G-BA beraten. Ziel sind Anpassungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie nach Überprüfung der Verhältniszahlen und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zur einer kleinräumigeren Planung.

Eine Bedarfsplanung nach starren Zahlen hält Dr. Hofmeister für falsch. Eine Bedarfsplanung nach dem alten Modell – also grob vorgegebene Richtwerte mit möglichen Abweichszenarien regional bis hin zum Gestatten von Sonderbedarf – wäre dagegen „hoch interessant“.

„Wenn wir das modernisieren und mit Zahlen, die die Bevölkerung, Demografie, Morbidität abbilden, aktualisieren, wäre das kein schlechtes System.“ Der KBV-Vize setzt auch auf die Ermächtigung von Krankenhaus­ärzten. Damit könne das – in der Menge begrenzte – Erbringen bestimmter Leistungen gestattet werden.

Die Frage sei jedoch, welche Entfernungen dem Bürger zuzumuten seien – eine Stunde Fahrzeit zum Arzt oder nur eine halbe? „Das ist eine rein politische Entscheidung.“ Die Führung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung will hier allerdings mitreden.

Eine besser koordinierte Versorgung würde helfen

Der ganze Bedarfsbegriff müsse überdacht werden, meint KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel, denn eine wissenschaftliche Definition des Bedarfs gebe es nicht: „Wir versuchen irgendeine Zahl festzulegen und die Bevölkerung hält sich nicht daran“, beschreibt er das aktuelle System. Für die Zukunft hält Dr. Kriedel deshalb ein Bedarfsmanagement für erforderlich. Damit bestätigt er eine der Hauptaussagen des Krankenhaus-Reports 2018 des AOK-Bundesverbandes zum Thema „Bedarf und Bedarfsgerechtigkeit“: Nicht mehr Versorgung ist notwendig, sondern eine besser koordinierte. Gedacht wird an ein Lenken/Routen der Patienten.

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