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Bundesärztekammer bleibt auf GOÄ-Kurs

Autor: Michael Reischmann, Foto: M. Reischmann

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2011 erklärte Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, dass er als Präsident der Bundesärztekammer die neue GOÄ zur "Chefsache" machen werde. Beim Ärztetag hat er genau das gezeigt.

Sicherlich hätte es nicht der Erinnerung durch den Spitzenverband Fachärzte bedurft, dass das "Gelingen oder Scheitern einer neuen GOÄ ... als 'Chefsache' immer mit der Person Montgomery verbunden bleiben wird". Beim Außerordentlichen Deutschen Ärztetag in Berlin hat der BÄK-Präsident deutlich gezeigt, dass er "Chefsache" kann.

Geschickt wie konsequent wurde die Vielzahl der Nachbesserungsanträge zur neuen GOÄ abgeräumt. Der Präsident ordnete ein ("ist fundamentale Gegenposition zur BÄK", "führt zu Verzögerungen" usw.) und die Delegierten stimmten mit großer, sehr großer oder überwältigender Mehrheit für die BÄK-Linie.

Sieg für die BÄK, Berufsverbände sind enttäuscht

Am Ende blieb es beim unveränderten Leitantrag des Vorstandes. Demnach darf die BÄK auf ihrem Kurs fortfahren. Anträge zu Änderungen, die zu Unterbrechungen der Verhandlungen mit PKV-Verband, Beihilfe und Gesundheitsministerium führen könnten, wurden an den Gebührenordnungsausschuss verwiesen.

Der Wunsch, nach Jahrzehnten eine veraltete GOÄ abzuschütteln, sowie das Vertrauen in die Arbeit der BÄK-Vorderen waren bei den meisten Delegierten deutlich größer als die Bedenken, die die Funktionäre der Berufsverbände umtreiben. Da konnten die Gäste im hinteren Saalteil pfeifen und buhen – die Delegierten der Kammern waren mehrheitlich anderer Ansicht.

Enttäuschung bei den Berufsverbänden

Der Deutsche Hausärzteverband und die Allianz der Ärzteverbände sind enttäuscht. Sie halten die geplanten Änderungen des GOÄ-Paragrafenteils und der Bundesärzteordnung (BÄO) für unakzeptabel. Mit Gastrederecht forderte Hausärzteverbandschef Ulrich Weigeldt beim Ärztetag ein eigenständiges haus­ärztliches GOÄ-Kapitel.

Der zentrale Punkt bei der diskutierten BÄO ist die Gemeinsame Kommission. Das paritätisch besetzte Gremium soll die GOÄ-Anwendung beobachten und wo nötig nachjustieren.

Berufsverbände und Verhandlungsstandkritiker wie Berlins Ärztekammervize Dr. Elmar Wille fühlen sich hier ans GKV-System erinnert: an eine steuernde Selbstverwaltung wie im Gemeinsamen Bundesausschuss (Richtlinien, Innovationen) und im Bewertungsausschuss (EBM).

Mit der GeKo, so ihre Kritik, erlangen die privaten Versicherungsunternehmen mit ihren wirtschaftlichen Interessen und die Beihilfe als Kostenträger Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der GOÄ und damit das Arzt-Patienten-Verhältnis.

Diesen Aspekt konnten die BÄK-Verhandlungsführer, Dr. Bernhard Rochell und Dr. Theodor Windhorst, nicht wegreden. Ihre Erklärung: Die Privatmedizin ist nun mal kein Wunschkonzert. Versuche, die GOÄ auf allein ärztliches Betreiben zu aktualisieren, sind gescheitert.

BÄK: Es kommt zu keiner "EBMisierung" der GOÄ

Die letzten drei Bundesgesundheitsminister (Rösler, Bahr, Gröhe) verlangten ein gemeinsames Konzept von Ärzten und PKV. Schließlich schreiben sich hier die Beteiligten weitgehend selbst ihre Regeln, die der Staat dann in Kraft setzt.

Die Ärzte müssen keine Angst vor einer "EBMisierung" der GOÄ haben, sagen die BÄK-Verantwortlichen: Es bleibt beim individuellen Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient.

Es gibt keine "KV" für die Abrechnung, keine Budgets, Honorarverteilung und -bereinigung. Leistungen werden in festen Euro-Beträgen bewertet. Der nicht unterschreitbare Einfachsatz soll den bisherigen tatsächlichen angewandten Steigerungen (2,3- bis 3,5-fache) entsprechen. Eine erhöhte Erschwernis wird über Zuschläge abgedeckt, z.B. für Arbeit zur Unzeit oder die Untersuchung und Behandlung von Kindern. Abweichende Honorarvereinbarungen sind weiterhin möglich.

Allerdings: Zu den konkreten Bewertungen der Leistungen konnte Dr. Rochell den Delegierten aber nichts Neues erzählen. Kammervize Dr. Wille, der seinen Änderungsantrag (Verzicht auf die GeKo) zurückzog, nachdem dieser durch Mehrheitsbeschluss "mehr als kastriert" worden war, warnte vor Honorarnachteilen für Hausärzte: Sie könnten fachfremde Leistungen, die nicht explizit in der Weiterbildungsordnung für Allgemeinmediziner genannt würden, nicht abrechnen.

Als Baden-Württembergs KV-Chef Dr. Norbert Metke auf die Bedeutung der PKV für die Quersubventionierung der Kassenpraxen abhob, bremste Prof. Montgomery: So etwas kann man der Gegenseite nicht vortragen! Auf diese Erfahrung mit Tarifverhandlungen für den Marburger Bund vertraut auch der Ärztetag.

 

Misstrauen gegenüber der Gemeinsamen Kommission

 

Mit einem § 11a Bundesärzteordnung (BÄO) soll eine Gemeinsame Kommission (GeKo) zur Weiterentwicklung der GOÄ unter Aufsicht des BMG installiert werden. Besetzt wird sie mit vier Vertretern der BÄK, zwei des PKV-Verbands und zwei der Beihilfe.

Nach Darstellung von Prof. Montgomery ist die GeKo ein besserer Ersatz für den jetzigen Zentralen Konsultationsausschuss. Sie könne gegenüber dem BMG lediglich einstimmige Vorschläge abgeben. Kommen keine eindeutigen Empfehlungen zustande, sei es Sache des BMG zu entscheiden.

Berlins Kammervize Dr. Wille widerspricht: Für die Ärzte seien diese "Empfehlungen" durchaus bindend. BDI-Chef Dr. Wolfgang Wesiack bezweifelt, dass man diese "Kröte" schlucken muss, um eine zeitgemäße Gebührenordnung zu bekommen.

Zu den GeKo-Aufgaben gehören:

  • Anpassung der GOÄ an den medizinischen Fortschritt und Sicherung der Qualität (d.h. auch Überführung neuer Leistungen, die Ärzte zunächst mit Analogbewertungen abrechnen, in die GOÄ)
  • Beseitigung von Über- und Unterbewertungen
  • Empfehlungen zu zulässigen Behandlungsumständen für den zweifachen Steigerungssatz (Positivliste) bzw. zu Umständen, die keine Steigerung erlauben (Negativliste)
  • Interpretationen für Abrechnungsbestimmungen und Empfehlungen zu Informations-, Beratungs-, Kennzeichnungs- und Dokumentationspflichten bei Auftragsleistungen.


Für ihre Analysen bedient sich die GeKo einer neuen Datenstelle. Um auf eine nicht erwartete Leistungsentwicklungen nach der GOÄ-Novellierung reagieren zu können, erfolgt ein dreijähriges "Monitoring".



Quelle: Medical Tribune Bericht, Außerordentlicher Deutscher Ärztetag

 

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