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Bundesfinanzhof: Vorteil der Kassenzulassung ist im Praxiswert enthalten

Gesundheitspolitik Autor: Diana Niedernhöfer

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Künftig können niedergelassene Ärzte den gesamten Kaufpreis einer Praxis steuermindernd absetzen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass der Wert der Kassenzulassung grundsätzlich nicht vom Firmenwert getrennt werden darf.

Die Richter gaben damit einem Orthopäden aus Rheinland-Pfalz recht. Er hatte 1998 eine Facharztpraxis mit dem Patientenstamm der gesetzlichen Versicherten erworben. Der gesamte Kaufpreis betrug rund 254 000 Euro. Laut Übernahmevertrag fielen davon auf den ideellen Wert rund 224 000 Euro. Dieser war vom Verkäufer anhand des auf die gesetzlich Versicherten entfallenden Umsatzes und Gewinns errechnet worden. Die Privatpraxis war nicht Gegenstand des Vertrages. 

Nach Erhalt der Zulassung gründete der klagende Arzt eine Praxisgemeinschaft mit einem Anästhesisten. Dieser bezahlte ihm 100 000 Euro als Gegenleistung für seinen Anteil am Praxiswert. Als der Kläger nun den auf ihn entfallenden Praxiswert in Höhe von 124 000 Euro für 2002 und 2003  steuerlich als Betriebsausgabe („Absetzung für Abnutzung“, AfA) geltend machen wollte, gab es Schwierigkeiten mit dem Finanzamt.

Die Behörden setzten für den wirtschaftlichen Vorteil, den eine Zulassung ihrer Ansicht nach darstellt, die Hälfte des Praxiswertes an. Dieser Teil könne als „nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut“ steuerlich nicht mindernd geltend gemacht werden. Der Arzt klagte und gewann vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Das Finanzamt ging in Revision und scheiterte nun auch beim obersten Finanzgericht.

„Das bedeutet, dass der gesamte Kaufpreis für den ideellen Wert einer Einzelpraxis über drei bis fünf Jahre, der einer Gemeinschaftspraxis sogar zwischen sechs und zehn Jahre steuermindernd abgeschrieben werden kann,“ erklärt der Münchner Sachverständige für die Bewertung von Arztpraxen, Professor Dr. Wolfgang Merk. Schwierig könnte es jedoch weiterhin werden, wenn beim Kauf einer Praxis eindeutig die Zulassung im Vordergrund steht. „Dann besteht die Gefahr, dass die Zulassung vom Praxiswert getrennt werden muss und dieser Teil folglich nicht steuermindernd abgesetzt werden darf“, so Prof. Merk. Ein Hinweis darauf könnte das Finanzamt sehen, wenn der Preis für die Zulassung den üblichen Verkehrswert der Praxis deutlich übersteigt.

Kaufpreis muss sich nach Verkehrswert richten

Denn der BFH hat ausdrücklich entschieden, dass sein Urteil nur gilt, wenn sich der Kaufpreis einer Praxis nach dem Verkehrswert richtet (Urteil vom 9.8.2011, Az.: VIII R 13/08). Dann lasse sich vom Praxiswert nicht der Vorteil aus einer Vertragsarztzulassung als gesondertes Wirtschaftsgut abspalten, heißt es. Denn der übergebende Vertragsarzt könne den Vorteil aus einer Zulassung grundsätzlich nicht selbstständig verwerten. Er könne seiner KV gegenüber nur einen Antrag auf Fortführung der bestehenden Praxis durch einen Nachfolger stellen. Dies löse ein neues Zulassungsverfahren aus, wobei die Erteilung der Zulassung im Ermessen des zuständigen Ausschusses liege. Es sei im Übrigen auch gar nicht machbar, den finanziellen Vorteil einer Zulassung zu bemessen, denn ein dafür notwendiger sachlicher Maßstab sei nicht ersichtlich.

Die KV Rheinland-Pfalz zeigte sich erfreut: Das Urteil bedeute vor allem, dass Ärzten zu Beginn ihrer Praxistätigkeit mehr Geld zur Verfügung stehe, teilte sie auf Anfrage von Medical Tribune mit. Für Interessenten falle eine Praxisübernahme künftig wirtschaftlich günstiger aus.

Das Urteil gilt nach Angaben des Steuerberaters Holger Wendland, Erftstadt, grundsätzlich für all die Ärzte, deren Steuerbescheide noch nicht rechtskräftig geworden sind, etwa wegen Einspruchs des Arztes oder weil der Bescheid insgesamt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erteilt wurde. 

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