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Chefarzt desinfiziert mit Zitronensaft

Gesundheitspolitik Autor: Florian Gritschneder

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Chefarzt wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung mit Todesfolge und Körperverletzung zu vier Jahren Haft verurteilt. Sein Vorgehen entsprach "nicht dem medizinischen Standard".

Im Jahr 2006 hatte ein Mediziner eine fast insolvente kleine Klinik für 25.000 Euro gekauft. Die anonyme Anzeige eines Mitarbeiters brachte 2009 ans Licht, dass der Klinikbesitzer die Patienten teils mit abstrusen bis kriminellen Methoden behandelte.

So entfernte er beispielsweise unnötig Organe wie Niere oder Gallenblase. Bei einer Patientin brach er trotz Aussicht auf Heilung willkürlich die Behandlung ab – weshalb die Frau sterben musste. Einen abgesägten Daumen versuchte der Mediziner ohne mikrochirurgische Ausrüstung bzw. Kenntnisse zu retten, indem er die Daumenhaut äußerlich annähte. Der Daumen musste amputiert werden. Entzündete Operationswunden bekämpfte der Mann mit Zitronensaft als Desinfektionsmittel – was das Risiko bakterieller Verkeimung der Wunde nur erhöht.

Das Landgericht Mönchengladbach hat den Scharlatan wegen mehrfacher Körperverletzung, fahrlässiger Tötung und zweifacher Körperverletzung mit Todesfolge zu vier Jahren Gefängnis verurteilt: Er habe wie im „Blindflug agiert“, so das Gericht. Nach der Haft darf er seinen Beruf vier Jahre lang nicht ausüben.

Mit der Zitronensaft-Methode hatte sich vorher schon der Bundesgerichtshof auseinandergesetzt (3 StR 239/10). Eine Patientin war wegen der Wundinfektion, die nach einer Operation eintrat, an Herz-Kreislaufversagen gestorben – und nicht direkt wegen des untauglichen Versuchs, die Infektion mit Zitronensaft zu bekämpfen. In diesem Fall blieb es deshalb beim Vorwurf der Körperverletzung. Der Mediziner habe es – zusätzlich zu seinen Kunstfehlern von unbegreiflichem Ausmaß – versäumt, die Patientin darüber zu informieren, dass sein Vorgehen „nicht medizinischem Standard entspreche“.

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