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Coronakrise: Ärzte sorgen sich wegen Unterversorgung der Patienten

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Fachpersonal braucht Spezialschutz, doch der fehlt oft. Fachpersonal braucht Spezialschutz, doch der fehlt oft. © iStock/Portra
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„Die Fallzahlen müssen auf einem Level bleiben, mit dem das Gesundheitssystem umgehen kann“, mahnte Professor Dr. Lars Schaade im RKI-Pressebriefing am Tag der ersten Lockerungen der strengen Corona-Maßnahmen. Wie das geht, weiß keiner. Allerdings mahnen auch Ärzte eine umsichtige Rückkehr zur Normalität in der Versorgung an.

Durch den Shutdown haben sich Praxen und Krankenhäuser auf eine große Welle an Erkrankten mit COVID-19 fokussiert. Der gravierende Nebeneffekt: Auch Patienten mit chronischen Krankheiten sind aus Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 weggeblieben.

Ärzte und Ärzteverbände warnen eindringlich davor, dass hier eine Welle unbehandelter Erkrankungen vor sich hergeschoben wird, die mit vermeidbaren Todesfällen verbunden ist. Selbst bei Notfällen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall suchen die Erkrankten später als üblich medizinische Hilfe. Auch die Krebsvorsorge und die Lebendspenden bei Transplantationen liegen vorerst auf Eis.

Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) mahnt, diese „stillen Opfer“ in der Corona-Krise zu verhindern. Der Vorstand des Hausärzteverbandes Baden-Würt­temberg betont: „Patienten, die aus Furcht vor Ansteckung oder wegen gefühlter Ausgangssperren nicht mehr zum Arzt gehen, sind eventuell ein größeres Risiko für das deutsche Gesundheitswesen und unkalkulierbar.“

Auf eine „schrittweise und verantwortungsvolle Wiederaufnahme der Regelversorgung in den Kliniken“ drängt deshalb die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Und auch die KBV hat aufgrund der inzwischen aufgelaufenen Versorgungsdefizite eine medizinische Exit-Strategie entwickelt. Laut Konzept „Back to Life“ sollen Patienten mit Corona bzw. Verdachtssymptomen getrennt von „Normalpatienten“ behandelt werden – im Rahmen des Praxisbetriebs und nicht mehr in separaten, vor Wochen kurzfristig eingerichteten Corona-Ambulanzen (Medical Tribune berichtete).

Auch wenn sich inzwischen Praxen mit getrennten Sprechzeiten, Telefon- und Videosprechstunden angepasst haben, viele Praktiker können Exit-Strategien nicht so recht überzeugen, denn Dreh- und Angelpunkt ist nach wie vor, wie Praxispersonal und nicht-infizierte Risikopatienten geschützt werden können. Während das laut DGIM in den Kliniken ganz gut funktioniert, gibt es in Praxen noch immer nicht ausreichend Schutzausrüstung.

Durch die Kwarantäne gekwält

Quark, Qualität, Quadrat oder Quacksalber: Praktisch jedes Wort, das mit Q beginnt, sprechen wir mit einem „Kw“ am Anfang aus. Wer aber in der heutigen Zeit von „Kwarantäne“ redet, wird in der Regel verlacht. Tatsächlich heißt es lautsprachlich korrekt Karantäne. Doch warum? Weil es aus dem Französischen kommt und die Franzosen ihr „qu“ nur als „k“ sprechen. Ein weiteres Beispiel dafür: der Queue im Billard oder die Quiche. Das Wort leitet sich vom französischen vierzig „quarante“ ab, stammt aber wohl ursprünglich aus dem Italienischen. Dort bedeutet „quarantena“ so viel wie einen Zeitraum von 40 Tagen. So lange mussten seuchenverdächtige Schiffe in Zeiten der Pest auf die Hafeneinfahrt warten.

RKI: ohne Impfung keine Rückkehr zur Normalität

Hinzu kommt: Mit den bisherigen Corona-Testverfahren lässt sich das ganze Ausmaß der Pandemie noch nicht abbilden. Und – wie es der Vizepräsident des Robert Koch-Instituts Prof. Schaade formuliert – „ohne Impfung keine Rückkehr zur Normalität“. Nicht zu unterschätzen ist auch ein eventuell leichtfertiges Verhalten der Bevölkerung, welches zum Anstieg der Infektionen und zu einer nicht mehr beherrschbaren Überlastung des Gesundheitssystems führen kann. Virologen warnen gebetsmühlenartig. Was also wäre der Weg aus der Krise? Für die Niedergelassenen gibt es mit dem KBV-Konzept zwar theoretisch Ansätze, wie zur Normalversorgung zurückgekehrt werden könnte. Viele ungelöste Fragen machen eine Umsetzung jedoch höchst problematisch. Wohl deshalb finden sich auch weder im Papier der Leopoldina noch im Papier der Helmholtz-Gesellschaft, welche die Kanzlerin für ihre Öffnungsentscheidungen herangezogen hat, Hinweise, wie die Praxen alles regeln sollten.

Medical-Tribune-Bericht

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