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Deutscher Hausärztetag: Neuer EBM spaltet Hausärzteschaft

Gesundheitspolitik Autor: Anke Thomas

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Der neue EBM ist Murks mit groben handwerklichen Fehlern - darüber war man auf dem Deutschen Hausärztetag nahezu einig. Dass die Verbandsspitze trotzdem hinter KBV-Vize Regina Feldmann steht, verstehen viele Delegierte nicht. Gemach, mahnte Verbandschef Ulrich Weigeldt, und lenkte den Blick auf KBV-Chef Dr. Andreas Köhler.

Nicht nur, dass der neue EBM in handwerklich schlechter Form in Kraft getreten ist, auch dass an eine Rückkehr zum alten EBM ab 1.1.2014 gedacht wird, treibt die Hausärzte auf die Palme. Kein Wunder, dass die Diskussion um den neuen EBM auf dem Deutschen Hausärztetag breiten Raum einnahm. Unverständnis äußerten Ärzte darüber, dass Regina Feldmann Rückendeckung von der Spitze des Deutschen Hausärzteverbandes erhält. Delegierte warfen Feldmann unter anderem Arroganz, Alleingänge und Intransparenz vor.

Bitte keine voreiligen Personaldebatten, warnte Weigeldt. Er erklärte ausführlich seine Sicht auf die verfahrene Situation: Der Hausärzteverband habe von Anfang an seine Kritik am neuen EBM deutlich gemacht. Versuche von hausärztlichen KV-Vertretern, die neue Gebührenordnung in dieser Form abzuwenden, seien im Vorfeld gescheitert, da Fachärzte in einer KBV-Vertreterversammlung einen entsprechenden Antrag von Hausärzten mit ihren Stimmen abgewendet hatten. Jetzt sei das Kind in den Brunnen gefallen.

Ulrich Weigeldt in seiner Rede: „Diskutiert wurde etwa zwei Wochen vor Einführung dieses EBM, ob man ihn aussetzt. Das hätte man vor drei Monaten noch tun können. Jetzt haben sich die Kolleginnen und Kollegen allenthalben auf die neuen Abrechnungsbedingungen eingestellt, viele haben vielleicht auch das 78 Euro teure Buch eines KV-Vorsitzenden dazu erworben und erwarten das Update ihres Software-Hauses. Und nun heißt es April-April? Das geht so nicht!“

Nun gelte es, so Weigeldt, das Schlimmste mit Nachbesserungen zu verhindern bzw. abzumildern. Aber auch mit diesen Änderungen seien die wirtschaftlichen Folgen des neuen EBM für die Hausarztpraxen kaum bezifferbar.

Weigeldt: Frau Feldmann muss unterstützt werden

Trotz aller Kritik warnte Weigeldt vor vorzeitigen Personaldebatten. Außerdem: Wenn ein Rücktritt Feldmanns gefordert würde, müssten konsequenterweise auch andere hausärztliche KV-Vertreter ihren Hut nehmen, die den EBM mit auf den Weg gebracht hätten, jetzt aber mit Rücktrittsforderungen davon ablenken wollten.

Frau Feldmann müsse vielmehr unterstützt werden, erklärte der Hausärzteverbandschef, da sie weitgehend alles richtig gemacht habe. Zwar sei der EBM tatsächlich untauglich und voller handwerklicher Fehler. Frau Feldmann sei aber hoch anzurechnen, dass sie von Anfang an versucht habe, sich für die Interessen der Hausärzte einzusetzen, und dafür auch mit den Leuten aus den eigenen Reihen diskutiert habe.

Das aber sei ein Vorgehen, das KBV-Vorsitzender Dr. Andreas Köhler schlecht akzeptieren könne. Es spreche für sich, dass es in den vergangenen sechs Jahren drei Hausärzte nicht geschafft hätten, neben dem KBV-Chef zu bestehen, bzw. dass sie vorzeitig ihr Amt aufgegeben haben, machte Weigeldt deutlich, der auf eigene unschöne Erfahrungen als KBV-Vize zurückblicken kann.

KBV und KVen - veraltet und verkrustet

Veraltet, verkrustet, in der un­überschaubaren Komplexität nicht mehr reformierbar – waren noch die freundlicheren Beschreibungen, die Weigeldt für das System der KBV und KVen übrig hatte. Wer etwas mit der KBV zu tun habe, müsse sich „strafbewehrten Geheimhaltungsritualen unterziehen, die militärischen Nachrichtendiensten gut zu Gesicht stehen würden“, so Weigeldt.

Auch dass die letzte Sitzung der KBV unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurde, zeige, wie weit es bei der KBV mit der Bezeichnung „Körperschaft öffentlichen Rechts“ her sei. Noch nicht einmal Ärzte als Pflichtmitglieder der KVen hätten den Debatten um ihre künftige Honorarordnung zuhören dürfen.

Das KV-System sei überkommen und für die Belange der Ärzteschaft grundsätzlich untauglich geworden. Deshalb sei der Gedanke der Aufspaltung einer Hausärzte- und einer Fachärzte-KV nur doppelter Blödsinn, urteilte Weigeldt. Dennoch werde man noch eine ganze Weile mit dem System weiterleben müssen.

Sozialpädiatrische Leistung auch bei Allgemeinärzten

Nach den Ausführungen Weigeldts gab es zwar weitere Kritik am EBM, Rücktrittsforderungen wurden jedoch nicht mehr laut.

Der Antrag, dass sich der Haus­ärzteverbandsvorstand dafür einsetzen soll, dass die neue sozialpädia­trische Leistung nach EBM Nr. 04355 künftig auch Allgemeinärzten zur Verfügung steht, wurde mehrheitlich angenommen.

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