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Die Depressionstherapie geht online

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp

Über das Internet lassen sich bereits Depressions-Präventionstrainings absolvieren. Über das Internet lassen sich bereits Depressions-Präventionstrainings absolvieren. © fotolia/deagreez
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Psychologische Behandlungsprogramme im Internet schließen Versorgungslücken und eignen sich als begleitendes Element. Gute Erfahrungen liegen bereits bei Depressionen vor.

Die klassische Psychotherapie ist ein wirksames Verfahren für die Behandlung von Depressionen. Lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz, mangelnde Motivation der Patienten oder Angst vor Stigmatisierung limitieren den Einsatz allerdings. Die Lücke zwischen psychotherapeutischem Versorgungsbedarf und verfügbaren Kapazitäten könnten internetbasierte Psychotherapie-Programme füllen, schreibt Professor Dr. Gerd Laux, Institut für Psychologische Medizin, Soyen.

Deutschland hinkt noch hinterher

Solche internetbasierten Therapieangebote sind in einigen Ländern, u.a. in Großbritannien, Norwegen, Schweden und den USA, bereits in Versorgungskonzepte implementiert. Die klinische Evaluation dieses modernen Therapiesettings steht allerdings noch am Anfang, erklärt der Psychiater. In ersten Studien wurde die Tauglichkeit solcher Programme in der Routineversorgung gezeigt, aktuell fehlen jedoch größere Analysen mit klar definierten, klinisch anerkannten Endpunkten wie den Depressionsskalen HAMD und MADRS sowie Vergleichsstudien mit der traditionellen Psychotherapie und Langzeitdaten.

Zudem existieren auch noch keine Standards für die optimale Gestaltung von Inhalt, Aufbau, Individualisierungsgrad und der Einbindung von Therapeuten. Diese Parameter sind vermutlich wichtige Variablen für die Wirksamkeit der Antidepressionsprogramme. Mehrere Studien ergaben beispielsweise einen linearen Zusammenhang zwischen der erzielten Effektstärke und dem Ausmaß an „Support“ durch einen Therapeuten.

 Vor- und Nachteile einer Online-Depressionstherapie

VorteileNachteile
  • örtlich und zeitlich unabhängig
  • individualisierte Anwendung, z.B. täglich oder stündlich
  • verkürzt Wartezeit auf klassische Psychotherapie
  • vergleichsweise geringe Kosten
  • fehlende Compliance durch terminliche Flexibilität
  • Gefahr der Überversorgung (Cyberchondrie)
  • fehlende Therapeutenbeziehung
  • rechtliche Unsicherheit (z.B. Datenschutz, Berufsordnung)

Eines der am besten evaluierten Programme im deutschsprachigen Raum ist deprexis24®, erklärt Prof. Laux. Das Begleit­programm ist ein CE-zertifiziertes Medizinprodukt für Patienten mit unipolarer Depression oder depressiver Verstimmung. Es kombiniert Elemente u.a. aus kognitiver Verhaltenstherapie und emotionsfokussierten Interventionen, ist interaktiv und besitzt einen hohen Individualisierungsgrad. Regelmäßige SMS, E-Mails und Materialien zum Ausdrucken erhöhen die Adhärenz und lassen sich leicht in den Alltag integrieren.

Mittlere bis hohe Effektstärke durch Begleitprogramm

In sieben randomisierten kontrollierten Studien ließen sich mit diesem Programm mittlere bis zum Teil hohe Effektstärken erzielen, so Prof. Laux. Am meisten profitierten Patienten, die keine weitere Psychotherapie erhielten und die zusätzlich Antidepressiva einnahmen.

Fernbehandlungsverbot beachten

Für Diagnose und Therapie ist der persönliche Kontakt zum 
Patienten obligat. Eine Behandlung ausschließlich über das Internet ist deshalb nicht zulässig (§ 7 MBO-Ä). Demnach eignen sich die Online-Programme auch rein rechtlich ge­sehen nur als begleitende Maßnahme.
Eine weitere deutschsprachige Maßnahme im Web bietet Novego an. Zum Einsatz kommen hierbei vor allem psychoedukative und verhaltenstherapeutische Elemente. Außerdem beinhaltet sie ein wöchentliches Psychotherapeuten-Feedback. Auch Präventionsprogramme sind bereits verfügbar: Die Leuphana-Universität Lübeck hat eine linear aufgebaute Online-Hilfe mitentwickelt, bei der Stressbewältigung, Regeneration und Vorbeugung depressiver Erschöpfungen im Fokus stehen.

Laux G. J Neurol Neurochir Psychiatr 2017; 18: 16-24

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