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Die Entdeckung der Langsamkeit

Aus der Redaktion Autor: Elisa Sophia Breuer

© MT
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Homeoffice oder Kurzarbeit, Kontaktbeschränkungen und wenig Termine – COVID-19 „schenkt“ uns jede Menge Freizeit. Diese sollten wir wertschätzen. Ein Plädoyer.

„Endlich hatte ich mal Zeit, die Wohnung so richtig zu putzen“, schwärmte kürzlich eine Freundin am Telefon. Sonst würde sie nie dazu kommen. Klar, durch die Homeoffice-Regelung aufgrund von SARS-CoV-2 steht ihr mehr Zeit zur Verfügung. Doch auch andere Freunde von mir freuten sich, wie entspannt ihr Leben momentan ist, obwohl sie wie gehabt arbeiten. Schließlich bleiben am Abend und am Wochenende weniger Freizeitmöglichkeiten. Coronamaßnahmen sei Dank!

Bei mir sieht es ähnlich aus. Endlich habe ich Zeit, den Garten zu gestalten. Zeit, mit der Familie den Wald zu erkunden und meinem Kind mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Zeit, den dicken Krimi zu Ende zu lesen oder einfach mal nichts zu tun. Natürlich ist das nicht immer Jubel, Trubel, Heiterkeit. Aber endlich habe ich Zeit dafür und bin nicht ständig in Hetze! Da ich glücklicherweise keine Existenzängste durchleben muss, weiß ich diese einmalige Lebensphase also zu schätzen. Dafür musste ich jedoch erst umdenken und mich davon lösen, ständig unterwegs sein zu wollen.

Mein kleiner Bruder kann sich mit der Situation hingegen nicht arrangieren. Sein Plan vom Reisen mit Freunden und jeder Menge Aktion wurde durchkreuzt. Mit seiner Zeit daheim weiß er nichts anzufangen. Da helfen auch die vielen Anregungen und Angebote aus dem Internet nur wenig.

Anscheinend haben viele verlernt, wie es ist, Zeit „über“ zu haben – und sich daran zu erfreuen. Die aktuelle Situation bietet die Chance, unsere bisherige Einstellung zu überprüfen und zu lernen, mit unserer Zeit bewusster umzugehen. Steckt hinter der Aussage „Ich habe keine Zeit“ nicht vielmehr „Ich nehme mir keine Zeit“? Bereits jetzt strömen aufgrund der gelockerten Corona-Maßnahmen viele Menschen wieder aus ihren Häusern. Statt aus dem ruhigen Lockdown etwas Positives mitzunehmen, werden sie über kurz oder lang in alte Muster zurückfallen und wieder von einem Termin zum nächsten jagen. Schließlich gilt es, nachzuholen, was in den letzten Wochen nicht möglich war. Doch ich werde so lange wie es noch geht diese Zeit genießen!

Elisa Sophia Breuer
Redakteurin Medizin

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