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Die Gunst des Rampenlichts

Autor: Dr. Günter Gerhardt

Es scheint, als hätten sich die Niedergelassenen erst durch die schnellen Impfungen beweisen müssen. Es scheint, als hätten sich die Niedergelassenen erst durch die schnellen Impfungen beweisen müssen. © etraveler – stock.adobe.com; MT
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Die Hausarztpraxen überholen die Impfzentren bei den Coronaimpfungen und stehen nun im Zentrum des Medienhypes. Unser Kolumnist ruft auf, diese Aufmerksamkeit zu nutzen.

Drei Millionen Impfungen wöchentlich in den Hausarztpraxen! Damit haben wir die Impfzentren mit ihren 2,25 Millionen Impfungen schon überholt. Man fragt sich ja dann doch, warum z.B. um den BioNTech-Impfstoff zunächst so ein Bohei veranstaltet wurde – und dann plötzlich doch die Mitnahme zu Hausbesuchen und eine fünf Tage andauernde bzw. dann sogar einmonatige Lagerung im normalen Kühlschrank möglich wurde. Brauchte man einen Grund, uns außen vor zu lassen? Das hat den Staat immerhin 220 Millionen Euro im Monat für den Betrieb der Impfzentren gekostet.

Dass auch öffentlich-rechtliche Sender zur Hauptnachrichtenzeit einen Beitrag ausstrahlen, der besagt, dass Hausärztinnen und -ärzte 20 Euro für die Impfung erhalten und die einzelne Impfung in Impfzentren bis zu 256 Euro kostet, ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, etwas Besonderes. Und dass Herr Lauterbach, der Corona-Aufklärer schlechthin, es sich nicht nehmen ließ, die Arbeit der Hausärzte (wenn auch etwas schmallippig) zu loben, kommt schon einem besonderen Ritterschlag gleich.

Aber so funktioniert es manchmal in der Medienlandschaft: Es wurde zwar berichtet, dass wir im Februar/März 2020 begonnen haben, Fieber-, Abstrich-, und Corona-Ambulanzen zu installieren. Aber der eigentliche Hype drehte sich damals um Bergamo, die Särge, die Kühlwägen und immer wieder um die Intensivstationen. Natürlich sind die Berichte aus den Intensivstationen wichtige Meldungen. Aber viele von uns hätten sich schon vor einem guten Jahr gewünscht, dass über das, was Herr Spahn „das Bollwerk gegen das Coronavirus“ nannte, und über die, die „sechs von sieben COVID-19-Patienten“ behandeln – also die niedergelassenen Ärzte –, mehr berichtet wird.

Als wir aber mit dem Impfen begannen, und das auch noch gut funktionierte, waren wir mit einem Mal im Zentrum des Medienhypes. Wir wurden sogar in Talkshows eingeladen und die Namen Andreas Gassen und Ulrich Weigeldt erblickten zum ersten Mal das Licht der breiten Öffentlichkeit.

Das ist gut so. Aber wir sollten uns in diesem Licht nicht nur sonnen, sondern auch „das Eisen schmieden, solange es heiß ist“. Was nichts anderes heißt, als auf unsere Sorgen und Nöte aufmerksam zu machen. Das sollten aber nicht nur unsere gewählten Vertreter tun, sondern auch wir an der Basis.

So könnte sich beispielsweise jede einzelne Praxis zu Wort melden, dass sie es in Coronazeiten nicht einsieht, für nicht verimpften Grippeschutz in Regress genommen zu werden. Wir erinnern uns: Im Spätsommer/Herbst 2020 wurde von Herrn Spahn und seinen Kollegen in den Ländern lautstark darauf aufmerksam gemacht, dass eine Grippeschutzimpfung gerade jetzt in der Coronapandemie ganz besonders wichtig ist. Nur gab es da plötzlich den von uns bestellten Grippeimpfstoff nicht mehr, der Engpass zog sich über einen Zeitraum von sechs Wochen hin.

Bis dann endlich geliefert werden konnte, wollten aber viele gar nicht mehr gegen die Grippe geimpft werden, sondern gegen COVID- 19 – in England hatten die Coronaimpfungen schon im Januar 2021 so richtig Fahrt aufgenommen. Und jetzt in Bälde sollen uns dann die Regresse ins Haus flattern für nicht verimpften Grippeimpfstoff? Kann nicht sein!

Und was auch zu unseren Ängs­ten und Nöten gehört, zu denen wir uns mal äußern könnten: Konnten Sie ein Zurückschalten der Krankenkassen, des MDK, der DRV, der Sozialgerichte, der Agentur für Arbeit, der für das Schwerbehindertenrecht zuständigen Landesämter … beob­achten? In einen etwas langsameren Gang vielleicht, weil wir Praxen gerade doch einiges zu tun haben? Nein, die Briefe und Mahnungen kommen und kamen mit ihren engen Fristen weiterhin in gleicher Zahl und gleicher Dringlichkeit. Meinen Sie nicht, „liebe Behörden“, Sie hätten mit etwas mehr Verständnis zu einer Entkrampfung des Praxisstresses beitragen können?

Die Gunst der Stunde ist nicht zufällig ein geflügeltes Wort. Lasst uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, zusammen mit unserer KV das kleine Fenster, in dem die Aufmerksamkeit auf unserer Seite ist, klug nutzen.

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