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„Drei Flaschen aus Berlin“ – KV-Vorstände kritisieren Honorarrunde 2018

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

1,18 %: Ein Kompromiss im Wert des Pfandes von drei Flaschen. 1,18 %: Ein Kompromiss im Wert des Pfandes von drei Flaschen. © fotolia/He2, KBV, GKV-Spibu, Prof. Dr. J Wasem
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Um 70 Cent pro Fall oder über 400 Mio. Euro steigt nächstes Jahr der Preis, den die gesetzlichen Krankenkassen für vertragsärztliche Leistungen zahlen – je nachdem, wie man das Ergebnis der Honorarverhandlungen klingen lassen möchte. Das ist aber nicht die ganze Rechnung.

Der Vorstandsvize des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus v. Stackelberg, findet das Ergebnis der Honorarrunde für 2018 „maßvoll“. KBV-Chef Dr. Andreas Gassen hält das, was Kassenvertreter und neutrale Mitglieder des Erweiterten Bewertungsausschusses gegen die KBV-Stimmen beschlossen haben, für „unzulänglich“. Der Investitionsstau in den Praxen werde so nicht aufgelöst.

Laut GKV-Spitzenverband gibt es 2018 für Vertragsärzte und -psychotherapeuten – wie schon für dieses Jahr vorgesehen – wieder rund eine Milliarde Euro mehr zu verdienen. Die Kassen addieren dafür:
  • a) die Preiskomponente; den 1,18 % höheren Orientierungspunktwert veranschlagen sie in einer Presseinfo mit 410 Mio. Euro (die KBV hat 438 Mio. Euro ausgerechnet)
  • b) Morbiditätsveränderung: 100 Mio. Euro
  • c) 400 Mio. Euro mehr für extrabudgetäre Leistungen
  • d) 50 Mio. Euro zur Stärkung des nicht-ärztlichen Praxispersonals (die KBV gibt den Zuwachs gegenüber 2016 mit 63 Mio. Euro an)
Der letzte Posten sei kein neues Geld, sondern von den Praxen mangels NäPas bislang nicht abgerufen worden, korrigiert die KBV. Ab 2018 können nicht verbrauchte NäPa-Gelder auch für andere hausärztliche Leistungen verwendet werden. Dazu fließen die Mittel in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung.

1,18 % liegt in der Mitte von 2,4 % und gar nichts

Die Forderung der KBV nach einem „Multimorbiditätszuschlag“ für chronisch erkrankte Patienten und einer Nachbesserung am Chronikerzuschlag fand bei den Kassen kein Gehör. Auch wollte die KBV wegen der gestiegenen Praxiskosten eine Erhöhung des Orientierungspunktwertes um 2,4 %. Die Kassen boten eine Nullrunde. Raus kam die Mitte: 1,18 %. Was gut ins Bild der letzten Abschlüsse passt (siehe Grafik). Der Vorstand der KV Baden-Württemberg hat ausgerechnet, dass dies „70 Cent pro Fall im Quartal mehr“ ergibt, was dem Wert von „drei Pfandflaschen vom Discounter“ entspreche. „Empört“ verlangen Dr. Norbert Metke und Dr. Johannes Fechner in ihrer Pressemitteilung mit dem Titel „Drei Flaschen aus Berlin“, dass „die Politik in der nächs­ten Legislaturperiode diesem ,Unsinn‘ ein Ende setzt“. Sie möchten kassenspezifische Verträge abschließen können; das wäre ein „Element eines Wettbewerbs um die Versorgung der Kranken“. Denn: „Gemeinsam mit den Krankenkassen in Baden-Württemberg können wir alles – am besten alleine.“ Auch der KBV-Vorstand spricht sich für kassenspezifische Verträge aus – in der Hoffnung, dass mit starken Kassen wie etwa der Techniker mehr rauszuholen ist als in den Verhandlungen mit den Kassenverbänden, die auf ihre schwächsten Mitglieder Rücksicht nehmen müssen. Geld ist jedenfalls da. Mitte 2017 betrugen die Finanzreserven der GKV 17,5 Mrd. Euro. Darauf hebt auch der Chef des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich, ab. Er klagt: „Die Praxis­ärzte werden von der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung abgekoppelt.“

Honorarplus: Es bleibt nicht bei der Eins vor dem Komma

Die Ergebnisse der Bundesebene sind die Basis für die regionalen Gespräche über die Gesamtvergütung. Hier können die KVen durchaus punkten, wie sich ihren Honorarberichten entnehmen lässt, in denen die tatsächliche Entwicklung dokumentiert ist. Und selbst das ist nicht die ganze Wahrheit, da ergänzend u.a. noch die Honorare aus Selektivverträgen, insbesondere der HzV, berücksichtigt werden müssten. Beispiel Rheinland-Pfalz: Hier wuchs die Gesamtvergütung (bei einer gering erhöhten Versichertenzahl) 2014 um 3,5 % und 2015 um 3 %. Die KBV beziffert für 2014 den Zuwachs der Gesamtvergütung mit 3,7 % im Bundesdurchschnitt.
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