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Ein Rezept ausdrucken könnte so einfach sein

Autor: Dr. Frauke Höllering

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Dr. Frauke Höllering stellt sich wagemutig den Tücken der neuen Praxis-Software.

Eigentlich hatte der Morgen wunderbar entspannt begonnen. Schließlich war endlich der Sommer angekommen, und das Wartezimmer war nur überschaubar gefüllt. Gehobener Stimmung plauderte ich mit meiner Patientin, bis ich ihr ein neues Rezept ausstellen wollte. Was war mit meiner Software passiert? Früher klickte ich das Medikament in meiner „Hausliste“ an, dann auf „Drucken“, und fertig war das Rezept. Und jetzt?


Mit zusammengekniffenen Augen starrte ich auf den Bildschirm, ohne viel zu erkennen. Zu eitel, meine Brille aufzusetzen (die ich nur für fadenziehtechnische Notfälle in der Praxis bereit halte), entzifferte ich irgendwann, dass der Bildschirm offensichtlich den Medikamentenplan meiner Patientin zeigte. Dann dämmerte es mir, dass meine Mitarbeiterin mir einen dicken Ausdruck über ein Software-Update hingelegt hatte, das ich nun dringend würde studieren müssen. Wie, um Himmelswillen, kam ich nun an mein Rezept?

Hurra, ein vertrautes Bild auf dem Monitor

Es galt zunächst, das Medikament aus der Verordnungsliste auszuwählen. Aber da stand es nur in der N2- Packung, nun sollte es die N3-Größe sein. Was jetzt? Kurzfristig dachte ich bockig: „Dann nehme ich einfach wieder N2.“ So ein Quatsch! Viel zu teuer, und auf Dauer schon gar keine Lösung. Ich rief mich innerlich zur Ordnung. Ein stecknadelkopfgroßes Icon signalisierte mir „neu“. Nach zwei Versuchen gelang es, das Icon anzuklicken, ohne zur Brille zu greifen. Hurra! Ein vertrautes Bild tauchte auf, ich konnte das Medikament anwählen. Nun bot mir das System an, die Dosierung gleich einzutragen. Na bestens! Das machte ich doch gleich.


„Dann hätte ich gerne noch meine Ramipril, die sind bald alle!“, unterbrach die Patientin meine Konzentration. „Ich will sie doch mit in den Urlaub nehmen.“ „Kein Problem“, dachte ich lässig, „das klicke ich doch einfach mal im Medikamentenplan an.“ Schon war es geschehen, und dieses Präparat stand nun in einem zweiten kleinen Fach unter dem ersten. „Dosierung“, lockte eine winzige Überschrift daneben. So ganz flink mit ihrem Gedächtnis war die Dame nicht, fand ich, da könnte ich doch die Dosierung hinzufügen? Doppelklick, ging nicht. Einfachklick, ging auch nicht. Drei wütend gehackte Tastenkombinationen später konnte ich die Dosierung anwählen. Triumph! Aber wie hatte ich das gemacht? Keine Ahnung.

Von der Dosierung stand nichts auf dem Rezept

Viele kostbare Minuten waren bis dahin verstrichen. „Entschuldigen Sie bitte“, murmelte ich, „das ist alles ganz neu“, und währenddessen überlegte ich, wie ich nun drucken könnte. Da! Ein mikroskopisch kleines Druckersymbol! Ich klickte es an und wartete. Nichts. Warum nicht? Ich hatte weder Zeit noch Lust, die lange Anleitung erneut zu studieren, und drückte wie in der guten alten Zeit Strg. und D. Vergnügt ratterte der Drucker und spie das Rezept aus. Meine Erleichterung wich schnell der Enttäuschung: Was war mit der Dosierung? Nichts davon stand auf dem Rezept, dafür mir der Schweiß auf der Stirn. Kurzerhand ergänzte ich das Fehlende per Hand und verabschiedete die Patientin. Was für ein Wahnsinn!

Medikamente auf den Zettel kritzeln als Alternative


Ein junger Mann trat ein und riss mich aus meinen Grübeleien. „Ich brauche ein Rezept für die Salbe von meiner Oma“, bat er mich. Das brauchte er eigentlich nicht, die gute Creme war nicht verschreibungspflichtig. Aber jetzt ein grünes Rezept ausdrucken? Allein der Gedanke verursachte mir Schwindel. Ich hatte keine Ahnung, wie das mit dem neuen System funktionieren sollte. Darum reichte ich meinem Gegenüber die Notiz seiner Großmutter zurück: „Das bekommen Sie ohne Rezept“, sagte ich freundlich, und weg war der von mir so geschätzte „offizielle“ Aspekt des grünen Rezeptes. Später am Tag ertappte ich mich mehrmals dabei, meine Empfehlungen für Rezeptfreies einfach auf einen Notizzettel zu kritzeln. Würde sich das jemals wieder ändern?


Genervt und erschöpft kam ich an diesem Mittag nach Hause und schaute in meine Fortbildungsliteratur, deren Studium ich wegen überraschend guten Wetters etwas vernachlässigt hatte. „Neue Softwareanforderungen für Verordnungen ab Juli!“, drohte eine Schlagzeile. So einen Irrwitz konnten sich nur praxisferne Theoretiker ausgedacht haben!

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