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Erfolgreiche eHealth-Projekte in NRW

Gesundheitspolitik Autor: Ruth Bahners

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Nordrhein-Westfalen hat in Sachen eHealth die „Nase vorn“, glaubt man Barbara Steffens, der grünen Landes-gesundheitsministerin. Doch es gebe keinen Grund, sich auszuruhen, denn immer noch zeigten sich „massive Brüche zwischen den Sektoren“. Das Gesundheitswesen sei bei der digitalen Vernetzung ein „behäbiges System“.

Steffens eröffnete in Düsseldorf die „eHealth.NRW – Digitalisierung im Gesundheitswesen“, eine Leistungsschau der medizinischen Telematik-Projekte des Landes.

Die Telematik-Projekte, die das Land NRW auf dem Feld des Gesundheitswesens fördert, umfassen das ganze Spektrum der ambulanten und stationären Versorgung.
Der elektronische Arztbrief etwa wird in der Region Düren erfolgreich eingesetzt.

Dr. Erich Gehlen, Vorstandsvorsitzender der Duria eG, berichtete, dass der eArztbrief „seine Praktikabilität und Überlegenheit zum Beispiel gegenüber dem Fax“ bewiesen habe.

Der elektronische Brief ist dem Fax überlegen

Über eine gerichtete Kommunikation werden aus der Facharztpraxis oder dem Krankenhaus Arztbriefe in die Hausarztpraxis geschickt. Eine qualifizierte elektronische Signatur macht den eBrief – im Gegensatz zum Fax – rechtssicher. Eine beteiligte radiologische Praxis könne auf diesem Weg 70 bis 80 Arztbriefe gleichzeitig signieren.

Der eArztbrief sei verschlüsselt, immer gut lesbar und vereinfache die Abläufe, da weder ein Ausdruck noch ein Einscannen notwendig seien, so Dr. Gehlen. Monatlich werden rund 4300 Arztbriefe von 120 Praxen problemlos gesendet oder empfangen. „In Deutschland gibt es kein zweites Projekt dieser Art“, behauptete der Duria-Vorstandsvorsitzende.

Die elektronische Arztvisite im Pflegheim (ElVi) wird vom Ärztenetz „Medizin und Mehr“ in Bünde seit anderthalb Jahren „reibungslos“ eingesetzt, berichtete Vorstand Dr. Hans-Jürgen Beckmann. Der Hausarzt könne mit einer einfach gehaltenen Technik direkt vom Pflegepersonal im Altenheim zugeschaltet werden, wenn sich bei einem Patienten eine Krise abzeichnet. Über ein Drei-Punkt-EKG könne der Kollege sogar einen „Rhythmus-Streifen“ erhalten.

Die Alarmierung des diensthabenden Hausarztes erfolgt über ein Dash-Board. Per Knopfdruck ist die Station direkt mit dem Arzt verbunden. Der ganze Kontakt werde zudem aus forensischen Gründen aufgezeichnet. „Alle Praxen und Pflegeheime würden mitmachen“, wenn die Finanzierung gesichert wäre, meint Beckmann.

Die elektronische Fallakte (EFA) erlaubt die einrichtungs- und sektorübergreifende Information und Kommunikation auch bei Patienten, die nicht selbst kommunizieren können. Nach Auffassung von Burkhard Fischer von der Krankenhausgesellschaft NRW stößt die direkte Arzt-Patienten-Kommunikation an Grenzen durch die Vielzahl an Demenz erkrankter Patienten, aber auch durch die wachsende Zahl an Patienten, deren Muttersprache nicht Deutsch ist.

Die EFA könne dafür sorgen, dass die beteiligten Ärzte über eine vollständige Anamnese „zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ verfügten. In der Region Aachen sei die EFA schon im Einsatz. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung betreibe die Entwicklung. Allerdings werde es mit dem flächendeckenden Einsatz noch dauern, nicht zuletzt aufgrund begrenzter finanzieller Mittel.

Teleintensivmedizin wird erfolgreich in der Region Aachen eingesetzt. Am Beispiel der Sepsis erläuterte Professor Dr. Gernot Marx von der RWTH Aachen den Nutzen dieser telematischen Unterstützung vor allem für Krankenhäuser, die über keine oder nur kleine Intensivstationen verfügten.

Sterblichkeit reduziert – dank Videokonferenzen

180 000 Fälle von Sepsis gebe es pro Jahr in Deutschland, 40 % der Erkrankten würden auf Intensivstationen sterben. „Es kommt auf jede Minute an“, so Prof. Marx. Durch Videokonferenzen, die Vitaldaten wie auch ein klinisches Bild übermittelten, sei die Sterblichkeit um ein Viertel reduziert worden.

Das Projekt sei inzwischen in die Regelversorgung überführt. Laut Prof. Marx könnten durch 15 solcher Zentren bundesweit „noch mehr Patienten ihre lebensbedrohlichen Erkrankungen überleben“.

Steffens kritisierte die Vielzahl von Insellösungen und deren mangelnde Kompatibilität, die die Entwicklung der Telematik im Gesundheitswesen bestimmten: „Wir müssen noch bei vielen Projekten in die Fläche kommen.“ Erfolgreich seien die Projekte, die einen hohen Grad an „Nutzerorientierung“ aufwiesen. Steffens ist überzeugt, dass nur Projekte, die den beteiligten Menschen etwas bringen, auch dauerhafte Marktchancen haben.

Datenschutz beachten, nicht überbewerten!

Der Datenschutz müsse beachtet, dürfe aber nicht überbewertet werden. Der Patient selbst solle entscheiden, wer auf welche Daten Zugriff haben solle. „Wenn Menschen am Ende ihres Lebens möglichst gut versorgt werden sollen, tritt der Datenschutz zurück“, so die Gesundheitsministerin.

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