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Es ist höchste Zeit für eine Wertediskussion

Autor: kol; Foto: Fotolia/spotmatikphoto

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Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) warnen vor einer immer stärkeren Ökonomisierung der Medizin in den Krankenhäusern und Kliniken. In einem gemeinsamen Positionspapier beschreiben sie, was sich dringend ändern muss.

Das Positionspapier trägt den Titel "Der Patient ist kein Kunde, das Krankenhaus kein Wirtschaftsunternehmen". Von einer "bedenklichen Entwicklung der letzten Jahre" ist hier zu lesen und von einer "Medizin in der Zerreißprobe". In einer Pressekonferenz stellten Vertreter der Verbände noch einmal klar, warum es "höchste Zeit für eine Wertediskussion" und für Veränderungen ist.

Vor allem die Ökonomisierung in der Patientenversorgung im Krankenhaus bereitet Sorgen. Der Druck auf ärztliche Berufsgruppen, ihr professionelles Handeln einer betriebswirtschaftlichen Nutzenoptimierung bzw. Gewinnmaximierung unterordnen zu müssen, wachse. "Diese Fehlentwicklung nimmt ein bedrohliches Ausmaß an", kritisieren DGIM und DDG. Der materielle und immaterielle Schaden sei beträchtlich, heißt es im gemeinsamen Positionspapier. 

Falsche Anreize durch gut dotierte Fallpauschalen

Viele Kollegen sähen sich mitunter gezwungen, zwischen medizinethischen Qualitätsstandards und Patientenwohl und der wirtschaftlich besten Lösung für das Krankenhaus zu entscheiden, sagte Professor Dr. Petra-Maria Schumm-Draeger, Vorsitzende der DGIM aus München. Sie kritisierte, dass der Patient nicht mehr im Mittelpunkt der Versorgung steht und falsche Anreize durch gut dotierte Fallpauschalen gesetzt würden. Sie forderte u.a. die Abschaffung von an ökonomische Kennzahlen gekoppelten Bonus-Verträgen für Ärzte. Diese setzten falsche Anreize und störten das Arzt-Patienten-Verhältnis.

DDG-Präsident Professor Dr. Baptist Gallwitz bekräftigte die Kritik. Verschiedene Tätigkeitsfelder der Inneren Medizin würden zunehmend abgedrängt, weil die dort angewandten medizinischen Maßnahmen weniger Ertrag abwerfen als andere. "Vor allem die sogenannte sprechende und damit zeitaufwendige Medizin lässt sich nicht in Prozeduren abrechnen, dabei ist das Gespräch genau der Teil der Behandlung, der beim Patienten Vertrauen erzeugt, was für den Erfolg einer Therapie entscheidend ist – insbesondere wenn es sich um komplexe Krankheitsbilder wie Dia­betes handelt", so Prof. Gallwitz. Er sprach sich deshalb und auch vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft und der Zunahme chronischer Erkrankungen für eine Stärkung der Inneren Medizin und ihrer Querschnittsfächer aus.

Ärzte-Klinik-Kodex als Ausgleich für ökonomische Leitbilder

"Umsatz darf nicht das primäre Ziel unserer Krankenhäuser werden", mahnte Professor Dr. Dr. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM. Er forderte, einen "Ärzte-Klinik-Kodex" zu entwickeln. Dieser könne als Modellansatz für eine werte­orientierte Integration ärzt­lichen Handelns dienen und einen Ausgleich zu den derzeit dominierenden ökonomischen Leit- und Erfolgsbildern im Krankenhaussektor schaffen. Politik und damit der Gesetzgeber seien gefordert, "entsprechende Weichen zu stellen, anstatt sich hinter jenen zu verstecken, die den am Ende leidtragenden Patienten täglich gegenüberstehen".

Kritik am DRG-System übte auch Professor Dr. Dirk Müller-Wieland, Mediensprecher der DDG und Koautor des Positionspapiers. "Der Druck auf Kliniken und Ärzte, im DRG-System optimal abzurechnen, drängt die Weiterbildung immer mehr an den Rand", sagte er.

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