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Finanzieller Ausgleich für rechtswidrige Zahlung an den KV-Vorstand?

Gesundheitspolitik

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Am 19.9. will die Vertreterversammlung der KV Berlin eine lähmende Kontroverse beenden: Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird entschieden, ob der dreiköpfige KV-Vorstand mehr Geld bekommt – als Ausgleich für seine Rückzahlung von 549 000 Euro Übergangsgeld. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hatte die Auszahlung der KV für „rechtswidrig“ erklärt.

Zur Erinnerung: Am Tag seiner Wiederwahl im Januar 2011 vereinbarte der dreiköpfige Vorstand der KV Berlin unter dubiosen Umständen eine „Anpassung“ der Dienstverträge. Er ließ sich als Übergangsentschädigung jeweils 183 000 auszahlen. Erst Monate später segnete die VV die Auszahlung ab.

Die Aufsicht – aufgeschreckt durch einen Fernsehbericht im Dezember 2011 – verpflichtete die KV zur Rückforderung der Gelder. Die KV klagte dagegen, zog allerdings am Ende der mündlichen Verhandlung ihre aussichtslose Klage zurück.

Befremden bei den Richtern über Interpretation ihrer Aussagen

Nach der Gerichtsschlappe wurden Pläne für eine Kompensation geschmiedet. Am 10. Januar 2013 erklärte KV-Jurist Peter Pfeiffer gegenüber der VV, das LSG habe am 19.12. den „Weg vorgezeichnet“, den Betrag als „Gehaltserhöhung zu realisieren“. Der Richter habe sogar den „Vergleichsvorschlag gemacht“, die 183 000 Euro als „Gehaltserhöhung“ auf sechs Jahre zu verteilen.

Auf Anfrage widersprach LSG-Sprecher Axel Hutschenreuther: Der Vorsitzende Richter habe „beileibe keinen Vergleichsvorschlag“ gemacht. „Befremdet“ stellte der Sprecher fest, was alles „in die (vermeintlichen) sonstigen Äußerungen des Vorsitzenden des 7. Senats offenbar hinein­orakelt wird“.

In der KV-Zentrale wurden neue Überlegungen angestellt. Es entstand die Idee, dem Vorstand aus den Einnahmen der Plausibilitätsprüfungen einen Bonus von 5 % bis zu einer Obergrenze zu zahlen. Doch die Unterstützung in der VV bröckelt, der Fachärzteblock ist gespalten, frühere Verbündete üben heftige Kritik. Man sei hinters Licht geführt worden, schimpfte eine VV-Delegierte; sie beklagte den immateriellen Schaden eines Imageverlusts.

Gehälter anheben und/oder Übergangsgeld verdoppeln

Nach zwei kontroversen Sitzungen beschloss die VV im Juni, am 19.9. endgültig zu entscheiden. Drei Anträge stehen zur Abstimmung. Der weitestgehende Antrag, gestellt von dem Orthopäden Helmut Mälzer und dem Psychotherapeuten Dr. Christian Messer, sieht neben einer monatlichen Gehaltserhöhung von 887 Euro über die gesamte Legislaturperiode hinweg vor, die Zahlung der Übergangsgelder von sechs auf zwölf Monate zu verdoppeln. Plus für jedes Vorstandsmitglied: rund 160 000 Euro.

Als „Kompromiss“ will der Ausschuss für Vorstandsangelegenheiten (AVA) dem Vorstand für die zweite Amtszeit weitere sechs Monate lang (also insgesamt zwölf) Übergangsgelder zahlen. Plus pro Vorstand: 97 500 Euro. Keinerlei Entschädigung nach all dem Hin und Her Unklar ist, ob die Zahlung an Bedingungen – z.B. volle Wiederaufnahme der Praxistätigkeit – geknüpft werden soll. So ist KV-Chefin Dr. Angelika Prehn bereits 68 Jahre alt; sie hat ihre Praxis verkauft. Dr. Christiane Wessels will dagegen dem Vorstand keinen Cent mehr zahlen. Die Vorsitzende des AVA ist ins Lager der Kritiker gewechselt. Es sei „nicht zu vertreten“, begründet die Gynäkologin ihren Antrag, dass der Vorstand aufgrund seines Verhaltens für zu Unrecht ausgezahlte und inzwischen erstattete Gelder auch noch finanziell entschädigt werde. Schließlich ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue, im Frühjahr 2012 waren Wohnungen und Büros der drei Vorstände durchsucht worden. Der KV sollen durch die rechtliche Auseinandersetzung (Gutachten, Klage, Anwälte etc.) Kosten in Höhe von 165 000 Euro entstanden sein – 55 000 Euro pro Vorstandsmitglied. Hermann Müller

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